In Zeiten der dramatischen Verschiebungen in der europäischen Sicherheitsarchitektur infolge des Ukrainekrieges ist die Kooperation zwischen NATO und Europäischer Union (EU) wichtiger als jemals zuvor. Bettina Cadenbach, beigeordnete Generalsekretärin, sagt aus Sicht der Allianz: „Die EU ist unser wichtigster strategischer Partner.“
Spätestens seit der Krimkrise 2014 und durch den russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist die Welt nicht mehr, wie sie war. „Europa und Nordamerika stehen enger zusammen als jemals zuvor“, sagt die Chefsprecherin der NATO, Oana Lungescu. Auf diese Lage reagiere die NATO umfassend und kontinuierlich. Das bedeutet auch, dass die zivil-militärische Zusammenarbeit der NATO mit der Europäischen Union immer stärker wird. Die NATO ist für die EU ein einzigartiger Partner im Krisen- und Konfliktmanagement. Die Zusammenarbeit mit der NATO ist eine Schlüsselpriorität für die EU.
Bettina Cadenbach, beigeordnete Generalsekretärin der NATO für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik im internationalen Stab der NATO, berichtet von einem intensiven Dialog auf allen Ebenen. Sie weist darauf hin, dass NATO und Europäische Union zwei grundsätzlich verschiedene Organisationen seien, die sich ergänzten. Beispiel: der Umgang mit Russland. Hier leiste die NATO ihren militärischen Beitrag zur Absicherung insbesondere der NATO-Ostflanke. Bei den Sanktionen gegen Russland sei aber die Europäische Union politisch gefordert.
Bettina Cadenbach ist Beigeordnete Generalsekretärin der NATO für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik im internationalen Stab der NATO. „NATO und EU arbeiten sehr erfolgreich Hand in Hand zusammen“, so Cadenbach.
Die EU biete einen Mehrwert durch ihren großen Werkzeugkasten zivil-militärischer Mittel. Sie könne eigene Mittel im finanziellen, ökonomischen und diplomatischen Bereich einsetzen. Sie ergänze damit die Möglichkeiten der NATO. Die Allianz und die Europäische Union seien komplementär aufeinander abgestimmt.
Die Zusammenarbeit zwischen NATO und EU sei essenziell, weil beide den gleichen Raum „bewohnten“ und die gleichen Herausforderungen hätten, so die beigeordnete Generalsekretärin. Die Partnerschaft sei in den vergangenen 20 Jahren stetig ausgebaut worden, so auf Einsatzebene vor fast 20 Jahren auf dem Westbalkan – und zwar mit der Mission EUFOREuropean Union Force Althea in Bosnien und Herzegowina. Diese war 2004 die Folgemission der NATO-Operation SFOR (Stabilization Force in Bosnia and Herzegovina).
Aus dieser Zeit des Anfangs schlägt Cadenbach den Bogen ins Jahr 2014, in dem Russland die Krim annektierte. In diesem Jahr habe der NATO-Gipfel von Wales im Zeichen einer strategischen Neuorientierung und Intensivierung der Beziehungen zwischen NATO und EU auf der Basis ergänzender Fähigkeiten gestanden. NATO und EU hätten dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit betont.
Dann, beim NATO-Gipfel in Warschau im Jahre 2016, unterzeichneten NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der damalige Präsident des Rates der EU, Donald Tusk, sowie der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die erste gemeinsame NATO-EU-Erklärung.
Cadenbach rekapituliert: Diese „Joint Declaration“ konzentrierte sich auf die Herausforderungen im Osten und Süden Europas. Sie formulierte sieben Prioritäten für die NATO-EU-Zusammenarbeit: Im Bereich Abwehr und Bewältigung hybrider Bedrohungen, bei maritimen Operationen, in der Cyber-Sicherheit und -Verteidigung sowie bei Verteidigungskapazitäten, in den Bereichen Verteidigungsindustrie und Forschung sowie bei Übungen (auch hybrider Szenarien) und auf dem Gebiet der Bildung von Resilienz. Zur Umsetzung dieser Prioritäten einigten sich NATO- und EU-Mitgliedstaaten auf die Umsetzung von 74 Maßnahmen.
Erneuert wurde die NATO-EU-Erklärung dann beim NATO-Gipfel 2018 in Brüssel. Der Mehrwert der Kooperation, besonders die Abwehr gemeinsamer Bedrohungen, wurde dabei betont. Weitere Felder zur Festigung der strategischen Partnerschaft zwischen NATO und EU wurden darüber hinaus identifiziert. Eines der Projekte der PESCOPermanent Structured Cooperation (Permanent Structured Cooperation), der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit, fokussiert sich auf militärische Mobilität. Dieses sei das Flaggschiff der NATO-EU Zusammenarbeit. Militärische Mobilität bedeutet die Vereinfachung und Standardisierung der Verlegung von Personen und Material bei militärischen Transporten. Ein weiteres wichtiges Beispiel für NATO-EU-Kooperation ist der gemeinsame Umgang mit hybriden Bedrohungen.
„Und dann haben NATO und EU nach der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 ihre Zusammenarbeit auf den genannten Feldern nochmal intensiviert – getragen von der gemeinsamen Herausforderung in diesen Zeiten“, so Cadenbach. Dieses zusätzliche Engagement sei in allen zuständigen Abteilungen im NATO-Hauptquartier deutlich zu spüren. Die NATO-EU-Zusammenarbeit werde im Hauptquartier in Arbeitssträngen organisiert und koordiniert, die von den oben genannten drei gemeinsamen Erklärungen und den 74 identifizierten Maßnahmen ausgingen.
Für jedes der Aufgabenfelder gebe es im Hause Experten, deren Expertise dann von der Abteilung Political Affairs and Security Policy (PASP) zusammengeführt werde, so Cadenbach. Diese Inhalte würden dann in einer NATO-EU-Core-Group koordiniert, bis dann die NATO-EU-Steering-Group den strategischen Überblick liefere. „Diese Struktur haben wir uns informell gegeben“, berichtet Cadenbach. Ein zentrales Element der Zusammenarbeit sei die gegenseitige Unterrichtung auf allen Ebenen. „NATO und EU arbeiten sehr erfolgreich Hand in Hand zusammen“, so die Expertin.
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