Für seinen Antrittsbesuch in Tschechien reiste Verteidigungsminister Boris Pistorius am 20. und 21. Juli 2023 nach Prag, wo er mit seiner tschechischen Amtskollegin Jana Černochová sprach. Im Fokus standen das gemeinsame Verständnis in Sicherheitsfragen sowie die Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit der beiden Länder.
Unsere vielfältige Zusammenarbeit ist eben nicht von lauten Tönen geprägt, sondern ist moderat, zuverlässig, klar in der Sprache – wir handeln gemeinsam und abgestimmt und ich wünsche mir sehr, dass das so bleibt.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Auf der Tagesordnung in Prag standen unter anderem die bilaterale wie multinationale Zusammenarbeit, die Einsätze in Litauen und der Slowakei und die gemeinsame Beschaffung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2. Weitere Gesprächsthemen waren die Unterstützung der Ukraine und die Nationalen Sicherheitsstrategien beider Nationen.
Tschechien sei einer der wichtigsten Nachbarn Deutschlands sowie der bedeutendste sicherheits- und verteidigungspolitische Partner in dieser Region, so Pistorius. Gemeinsame Projekte und ein geteiltes Sicherheitsverständnis prägten die Gespräche in Prag. Aus dem Treffen ging beiderseitiges Interesse hervor, die Zusammenarbeit in Zukunft noch zu verstärken.
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Bereits seit 2015 führen Deutschland und Tschechien regelmäßig ihren Strategischen Dialog zu Kooperation und bilateraler Zusammenarbeit. Pistorius und Černochová waren sich einig, dass dieser sich bewährt habe – beispielsweise bei der Unterstützung der Ukraine, bei der Zusammenarbeit beider Streitkräfte, beim Engagement an der Ostflanke der NATONorth Atlantic Treaty Organization sowie bei gemeinsamen Aktivitäten zur Stärkung europäischer Fähigkeiten im Bündnis. Das nächste Gespräch in diesem Rahmen ist für Oktober 2023 in Prag geplant.
Pistorius begrüßte weiter, dass auch Tschechien sich an der European Sky Shield Initiative (ESSIEuropean Sky Shield Initiative) beteiligen wird. Das Rahmenabkommen für konkrete gemeinsame Beschaffungen wird derzeit abgestimmt, eine Zeichnung ist in den nächsten Monaten beabsichtigt. Mit ESSIEuropean Sky Shield Initiative schließen sich aktuell 19 europäische Staaten für eine Stärkung der gemeinsamen Luftverteidigung zusammen. Die Beschaffung der Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLM Infra Red Imaging System Tail Surface Launched Medium Range wurde bereits im Juni durch den Deutschen Bundestag gebilligt – erste Systeme sollen ab 2025 verfügbar sein.
Mit Blick auf die Regionalpläne und das New NATONorth Atlantic Treaty Organization Force Model erörterten beide auch die Zusammenarbeit beim Framework Nations Concept (FNCFramework Nations Concept). Dieses dient der Verteidigungskooperation europäischer NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten durch eine freiwillige engere Zusammenarbeit und systematische gegenseitige Abstimmungen. Deutschland strebt an, dass die deutsch-tschechische Heereskooperation zwischen der 10. Panzerdivision der Bundeswehr und der tschechischen 4. Rapid Deployment Brigade fortgesetzt wird. Gemeinsame Ausbildung und Übung im europäischen Rahmen würden die Interoperabilität und Synchronisation von NATONorth Atlantic Treaty Organization-Streitkräften immer steigern, so Pistorius.
Pistorius bedankte sich ausdrücklich für den tschechischen Beitrag zur eFPenhanced Forward Presence-Battlegroup in Litauen. Künftig will Deutschland dort eine komplette Brigade dauerhaft stationieren – Pistorius bekundete großes Interesse daran, Tschechien auch weiterhin als wichtigen Partner an Bord zu haben. Gerade die tschechische Expertise in Sachen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr sei willkommen und geschätzt.
Ausdrücklich würdigte Pistorius auch die hervorragende Zusammenarbeit innerhalb der tschechisch geführten eVAenhanced Vigilance Activities-Battlegroup der NATONorth Atlantic Treaty Organization in der Slowakei.
Tschechien beabsichtigt zudem als erste Nation, gemeinsam mit Deutschland Kampfpanzer Leopard 2 in der modernsten Variante A8 zu beschaffen. Pistorius begrüßte die tschechische Entscheidung, denn die Vorteile von gleichen, interoperablen und austauschbaren Systemen sowie einer gemeinsam nutzbaren, breiten logistischen Basis lägen auf der Hand. Er freue sich auf die Zusammenarbeit und hoffe, dass viele Partner sich Tschechien anschließen werden.
Zudem prüft Tschechien, Transportflugzeuge des Typs A400M zu beschaffen, wie sie die Deutsche Luftwaffe nutzt. Minister Pistorius attestierte den Maschinen eine beeindruckende Leistungsfähigkeit und nannte sie das Rückgrat der taktischen und strategischen Lufttransportfähigkeit Deutschlands. Sollte Tschechien sich für den A400M entscheiden, werde Deutschland mit Erfahrung und Know-how bei der Einführung zur Seite stehen, so Pistorius.
Ein weiteres wichtiges Thema des Treffens in Prag war natürlich die Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. Pistorius würdigte besonders, dass Tschechien als erster westlicher Staat Kampfpanzer an die Ukraine geliefert habe. Möglich machte das ein Ringtausch: Als Ersatz für die abgegebenen T72 sowjetischer Bauart soll Tschechien Leopard-2-Panzer bekommen, von denen der siebte inzwischen ausgeliefert wurde. Dieser Ringtausch sei ein Erfolgsprojekt, geprägt von partnerschaftlichen und konstruktiven Verhandlungen, so Pistorius.
Černochová und er erörterten außerdem eine mögliche tschechische Beteiligung an der deutschen Ausbildungsunterstützung für die Ukraine. Bislang hat Tschechien ukrainische Streitkräfte in eigener Verantwortung ausgebildet und beteiligt sich darüber hinaus an der Ausbildung unter Führung durch das polnische Combined Training Command.
Die Gesprächsparteien sahen darüber hinaus viele Gemeinsamkeiten in den verteidigungspolitischen Grundlinien ihrer Sicherheitsstrategien. Beide Nationen betrachten die NATONorth Atlantic Treaty Organization als Garantin für Abschreckung und Verteidigung, wollen eine resiliente und handlungsfähige EUEuropäische Union und beurteilen Russland und China ähnlich.
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