Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat am 13. August die Grünten-Kaserne in Sonthofen besucht, in der zurzeit etwa 250 Flüchtlinge untergebracht sind. Nach persönlichen Gesprächen mit den Asylsuchenden sagte sie: „Wir helfen den Flüchtlingen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln.“
Emotional berührt heißt von der Leyen die Menschen auf ihrem Rundgang durch die von der Bundeswehr abgegebenen Kasernen-Unterkünfte willkommen: „Wir freuen uns, dass Sie hier sind.“ Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und Staatsminister Marcel Huber, Leiter der bayerischen Staatskanzlei, begleiten die Ministerin. Sie erfahren menschliche Schicksale, vor allem aus Syrien, wo sich Flüchtlinge von Regierung und Terrorgruppen gleichermaßen verfolgt fühlen.
Die Asylsuchenden sind getrieben von der Sorge um ihr Leben, zu Hause drohen ihnen Folter, Gefängnis und Tod. Das hört die Ministerin wiederholt im persönlichen Gespräch mit Afghanen, Syrern und Somaliern. „Ich wurde gefoltert und hatte Angst, dass ich getötet werde“, erklärt der 45-jährige Ali Mahmoud, er will der Ministerin zum Beweis gleich seine Wunden zeigen. Die dreiköpfige Familie Oluwashuyi, bestehend aus Vater Joshua (24), Autolackierer, seiner Frau Fola (21) und Viktor (1) ist aus Nigeria geflohen. Die Modedesignerin Fola bricht im Gespräch in Tränen aus: „Ich bin Vollwaise, das Leben in Nigeria ist sehr gefährlich“, erzählt sie aufgelöst.
Mit der Hilfe im Inland, dem Bundeswehreinsatz zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer und ihrem Engagement bei der Bekämpfung der Ursachen für Flucht und Vertreibung in Krisenstaaten zeigt Ursula von der Leyen politischen Gestaltungswillen. Bei ihrem Besuch in Bayern bekräftigt sie die Hilfsbereitschaft der Bundeswehr zur Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften: „Die Situation ist eine große Herausforderung, doch wir können sie meistern, wenn alle an einem Strang ziehen.“ In Sonthofen beispielsweise werde eine zusätzliche Fläche für Unterkünfte bereitgestellt, darüber hinaus würden aber noch weitere Röntgengeräte und Feldbetten benötigt.
Die Grünten-Kaserne ist eine von fünfzehn Liegenschaften oder Teilen von ihnen, die die Bundeswehr zur Verfügung gestellt hat.
Für Flüchtlinge ist derzeit das Gebäude 4 der Grünten-Kaserne in Sonthofen als Erstaufnahmestelle eingerichtet. Seit Herbst 2014 wohnen dort etwa 250 Menschen, die nach ein bis spätestens drei Wochen auf andere Städte in Deutschland verteilt werden. Zunächst kamen die Asylsuchenden vor allem aus dem Kosovo und aus Albanien. Heute stammen sie meist aus Syrien, Irak, Afghanistan, Pakistan, Eritrea, Somalia, Äthiopien, Liberia, Elfenbeinküste und Ghana.
Rund 3.000 Personen hat die Erstunterkunft im Allgäu bislang beherbergt. Laut Betreuern des Landratsamtes klappt die Aufnahme sehr gut. „Bayernweit ist diese Flüchtlingsunterkunft vorbildhaft, die räumliche Situation und die Verpflegung sind hervorragend organisiert“, erklärt Roland Hölzle, der beim Landratsamt Oberallgäu für Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Brand- und Katastrophenschutz zuständig ist.
Die Asylsuchenden erhalten in einer Kantine in ihrem abgezäunten Kasernenteil ihr Essen. „Wir haben uns auf die Menschen eingestellt“, fügt Hölzle hinzu, „Muslime beispielsweise haben zu Zeiten des Ramadan erst am Abend ihre Mahlzeiten zu sich genommen, das ist bei den Flüchtlingen sehr gut angekommen.“ Außerdem können sie die Sportanlage der Soldaten nutzen. Beide Seiten stellen sich einfühlsam aufeinander ein. Für die Asylsuchenden sind die Ruhezeiten in Deutschland zum Beispiel neu gewesen, aber sie haben sich daran gewöhnt. „Zwischenmenschlich funktioniert das nachbarschaftliche Verhältnis bis zum heutigen Tag sehr gut“, sagt Hölzle.
„Für ein Land wie Deutschland muss es möglich sein, mit dieser Situation umzugehen“, erklärt die Ministerin, „diesen Menschen zu helfen und sie zu unterstützen, ist eine Aufgabe für alle in der Gesellschaft – auch für die Bundeswehr.“ Das Problem sieht von der Leyen jedoch mit der Unterstützung in Deutschland nicht als gelöst an. Es sei weiterhin Hilfe auf den Fluchtwegen notwendig, außerdem müssten die Ursachen in den Heimatländern der Flüchtlinge beseitigt werden.
„Die Situation ist eine große Herausforderung, doch wir können sie meistern, wenn alle an einem Strang ziehen“, sagte von der Leyen.
Sonthofen ist kein Einzelfall. Die Bundeswehr unterstützt die Behörden auf der Basis von Amtshilfeersuchen in ganz Deutschland. Sie stellt Flüchtlingsunterkünfte in Form von Kasernen oder Zelten bereit und führt Impfungen sowie ärztliche Untersuchungen durch. In Sonthofen wurde eine Teilfläche der Grünten-Kaserne, in der unter anderem die Schule ABCAtomar, Biologisch, Chemisch -Abwehr und Gesetzliche Schutzaufgaben und eine Sportfördergruppe der Bundeswehr untergebracht sind, abgetrennt und an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergeben. Die BImABundesanstalt für Immobilienaufgaben hat diesen Liegenschaftsteil der Stadt Sonthofen für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Sie ist eine von aktuell fünfzehn Liegenschaften oder Teilen davon, die die Streitkräfte bundesweit zur Verfügung gestellt hat. Fast 8.000 Menschen bietet die Bundeswehr damit eine vorübergehende Bleibe.
Etwa 180.000 Menschen sind in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 als Asylsuchende nach Deutschland gekommen, mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2014. Nordrhein-Westfalen, das mit über 35.000 Flüchtlingen den Löwenanteil trägt, steht an zweiter Stelle Bayern mit knapp 30.000 Personen. Die Asylwelle steigt ständig an, allein im Juni 2015 haben über 32.000 Flüchtende Deutschland erreicht. Über 450.000 Menschen werden insgesamt für 2015 erwartet – Menschen, die Familie, Freunde und ihr Zuhause verlassen haben, um zu überleben.
Für Fola und ihre Familie hat mit der Ankunft in Sonthofen ein neues Leben begonnen: „Wir sind so froh, nach unserer langen und gefährlichen Reise über das Meer in Deutschland zu sein, nur hier haben wir die Hoffnung auf einen friedlichen Alltag und auf eine Zukunft für unser Baby.“
Inhalte teilen via