Das NATO-Hauptquartier in Brüssel ist die oberste Kommandozentrale der Allianz. Hier ist der Sitz des Generalsekretärs – und die höchsten politischen und militärischen Führungsgremien sind hier untergebracht. Glas, Stahl und Granit dominieren in dem riesigen Gebäude. Seine Bauweise symbolisiert fundamentale Werte der NATO: Schutz, Dialog und Transparenz.
Sicherheit schreibt die NATO gerade in Zeiten des russischen Überfalls auf die Ukraine ganz besonders groß. Es ist nicht einfach für Besucher, eine Akkreditierung zu bekommen. Massive Sperranlagen rund um das Gebäude, strenge Kontrollen im Vorfeld und am Eingang des Hauptquartiers, viele Kameras und ständig patrouillierende Sicherheitsdienste prägen das Bild. Das NATO-Hauptquartier verfügt zudem über ein hochsicheres modernes Rechenzentrum.
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Wer vor dem NATO-Hauptquartier in Brüssel steht, der blickt auf das Rund der Flaggen der NATO-Alliierten. Sie sind ihren englischen Namen nach alphabetisch im Uhrzeigersinn von links nach rechts angeordnet, im Zentrum die NATO-Flagge, dazu der NATO-Kompass als Skulptur vor dem Gebäude. Weiter erinnern auf dem NATO-Campus ein Stück der Berliner Mauer und ein „Trabi“ an den 9. November 1989 und an die tiefgreifenden Veränderungen der europäischen Sicherheitsarchitektur. Ebenso ist dort ein Stück des am 11. September 2001 zerstörten World Trade Centers aufgestellt – als Reaktion auf den Anschlag rief die NATO zum bislang einzigen Mal den Bündnisfall gegen den Al-Qaida-Terror aus. Es folgte das NATO-Engagement in Afghanistan.
Das NATO-Hauptquartier in Brüssel ist ein imposantes Gebäude, an dem rund 7.300 Quadratmeter Glas verbaut sind. Die riesige Glasfassade ist der erste prägende Eindruck, den der Besucher vom NATO-Hauptquartier bekommt. Sie steht als Symbol für die Transparenz der Allianz.
Weiter symbolisiert die Architektur des Gebäudes, das nahe dem Brüsseler Flughafen Zaventem liegt, Sicherheit und Schutz durch Zusammenhalt. Denn die Gebäudeteile des NATO-Hauptquartiers sind wie die Finger zweier Hände eng und fest ineinander verschränkt.
„Alle Entscheidungen der NATO werden im Konsens getroffen“, betont die Chefsprecherin der NATO, Oana Lungescu. „Alle Alliierten müssen zu einer Übereinkunft kommen. Manchmal kann es etwas dauern. Aber wenn eine Entscheidung in Übereinstimmung getroffen wurde, sind wir gemeinsam stark.“
Für dieses Konsensprinzip steht ein weiterer zentraler Bereich des 32 Meter hohen Gebäudes: der groß angelegte, streng geschützte Innenhof des NATO-Hauptquartiers, die Agora. Alle hochrangigen Akteure in diesem Haus, ob militärisch oder politisch, müssen hier entlang. Denn zwischen den Gebäudeflügeln des Hauptquartiers gibt es keine andere Verbindung als diesen Innenhof. Ein Ort der Begegnung. Die Agora hat eine kühle, sachliche Aura. Sie erinnert an eine riesige Halle eines Großflughafens – impressive but cold.
Die Agora verbindet die Gebäudeteile, in denen der NATO-Generalsekretär residiert sowie die Delegationen der 31 NATO-Partner ansässig sind – darunter auf zwei Etagen die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Deutsche Militärische Vertreter im Militärausschuss der NATO und bei der EU.
„Wir sind eine politisch-militärische Allianz“, unterstreicht Oana Lungescu. Zentral in der Mitte der Halle liegt der streng gesicherte Trakt des NATO-Generalsekretärs. Auf der Eingangstür ist das NATO-Alphabet von Alpha bis Zulu eingraviert. Es wird beispielsweise im Funksprechverkehr genutzt, steht deshalb für weltweite Kommunikation, Verbindung und Vernetzung und ist somit ein Symbol für internationalen Dialog.
Der Sitz des NATO-Generalsekretärs ist so angelegt, dass er kurze Wege hat, etwa ins Pressezentrum oder in das Conference Centre mit dem großen, ovalen Konferenzsaal. Darin finden beispielsweise die Treffen des NATO-Rates (NAC, North Atlantic Council), die Zusammenkünfte der NATO-Außen- und Verteidigungsministerinnen und -minister sowie der NATO-Gipfel der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs statt. Rund 6.000 Konferenzen finden pro Jahr in den 18 Konferenzsälen im NATO-Hauptquartier statt.
„Der North Atlantic Council ist das zentrale Entscheidungsgremium der Allianz. Es ist der Ort, wo sich die Vertreterinnen und Vertreter der 31 Alliierten, die 31 NATO-Botschafterinnen und Botschafter, treffen. Und mit dabei ist seit Kurzem auch Finnland“, freut sich Oana Lungescu.
Der NAC ist das höchste Entscheidungsgremium der NATO. Beschlüsse können sehr schnell gefasst werden. So etwa am 24. Februar 2022, als das Gremium nur wenige Stunden nach Russlands Überfall auf die Ukraine zusammentraf und rasch alle Verteidigungspläne von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer aktivierte. „NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief von dieser Stelle einen außerordentlichen NATO-Gipfel aus“, erinnert sich die NATO-Chefsprecherin.
Neben dem streng gesicherten Teil der Agora gibt es im Brüsseler NATO-Hauptquartier den Public Square. Wer die strengen Sicherheitskontrollen am Eingang durchlaufen hat, der darf sich dort frei bewegen. Angemeldete Besucherinnen und Besucher sowie akkreditierte Medienberichterstatterinnen und -berichterstatter finden hier einen Supermarkt, einen Kioskladen mit Andenken, Schreibwaren und Getränken sowie eine Apotheke und bei Bedarf auch medizinische Versorgung. Treffpunkte für alle sind die große Kantine im Public Square und die Cafeteria – Orte des Austausches.
Zudem verfügt dieser Bereich über Konferenzräume, eine Bibliothek und einen Arbeitsbereich für Medienvertreterinnen und -vertreter. Pressekonferenzen finden in einem Atrium statt. Historisch wird es hier auch: In einem Raum ist das Büro des NATO-Generalsekretärs aus dem alten Brüsseler Hauptquartier nachgestellt. Mit dem originalen Schreibtisch und dem alten Hammer, mit dem der Generalsekretär Konferenzen eröffnete und schloss.
Hinter diesem Abschnitt beginnt der gesicherte Bereich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Delegationen sowie des NATO-Generalsekretärs, so etwa die Pressestelle. Das NATO-Hauptquartier hat insgesamt rund 254.000 Quadratmeter Bürofläche. Zum Vergleich: Das Pentagon als größtes Verwaltungsgebäude der Welt bringt es auf rund 345.000 Quadratmeter.
Dank moderner Videokonferenzsysteme müssen die dort Beschäftigten weniger reisen. Sie reduzieren so die Kohlendioxid-Schadstoff-Bilanz. Durch die starke Wärmeisolierung und einen wirksamen Sonnenschutz der Verglasung ist der Energieverbrauch des Gebäudes vergleichsweise gering. Geothermie und Solarenergie, Kraft-Wärme-Kopplung sowie energiesparende Beleuchtungssysteme sind hier Standard. Auch ökologisch ist das NATO-Hauptquartier auf dem neuesten Stand.
Rund 4.000 Menschen produzieren in der Brüsseler Schaltzentrale der NATO täglich Sicherheit für die westliche Welt. „Das NATO-Hauptquartier ist ein einzigartiger Ort. Es ist der einzige Ort auf der Welt, wo Diplomaten und zivile Experten mit militärischen Experten und Militärs aus Europa und Nordamerika jeden Tag zusammenarbeiten“, sagt Oana Lungescu.
2017 wurde das neue Hauptquartier fertiggestellt. Seit 2018 ist das riesige Gebäude am Brüsseler Boulevard Léopold III voll in Betrieb. Baubeginn war im Oktober 2010. Die Baukosten beliefen sich auf rund 750 Millionen Euro, die Gesamtkosten auf etwa 1,1 Milliarden Euro. Das Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill LLP und die Architektenvereinigung ASSARArchitektenvereinigung ASSAR Architects bekamen 2003 bei einem internationalen Wettbewerb den Zuschlag für das neue NATO-Hauptquartier. Es löste das alte Hauptquartier auf der anderen Straßenseite ab, das seit 1967 von den Partnern genutzt worden war. Es war jedoch nur als Provisorium gedacht.
Was dem Besucher im neuen NATO-Hauptquartier nicht entgeht, ist die mit Augenzwinkern versehene Information, wer die „wahren Helden“ im Hause sind: die Fensterputzer. Wenn einer allein die 7.300 Quadratmeter Glas putzen müsste, dann bräuchte er drei Monate dafür, im Dauereinsatz.
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