Die Arktis: eine Region, die lange weitgehend konfliktfrei war. Doch die russische Militarisierung sowie die Erschließung neuer Seewege und Ressourcen sorgen für Spannungen. Deutschland steht dabei an der Seite seiner arktischen Verbündeten, betonte der Parlamentarische Staatssekretär Nils Schmid bei seinem Besuch in Grönland am 18. August 2025.
Die „Berlin“, eines der größten Schiffe der Deutschen Marine, hat in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands, festgemacht. Direkt daneben liegt die „Triton“, ein Patrouillenschiff der Königlich Dänischen Marine. Das Bild hat Symbolcharakter, denn Deutschland wird künftig mehr Verantwortung in der Arktis übernehmen. „Stabilität in der Arktis, die Sicherheit Grönlands, die Solidarität mit unseren Verbündeten. Das sind für uns keine Lippenbekenntnisse. Denn was hier passiert, betrifft auch uns in Deutschland“, hob Schmid bei einem gemeinsamen Statement mit der grönländischen Ministerin für Äußeres und Handel Vivian Motzfeldt sowie dem dänischen Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen an Bord der „Triton“ hervor.
Die Bundesrepublik hat trotz ihrer Entfernung zum Polarkreis ein hohes Interesse an einer sicherheitspolitisch stabilen Arktis. Zum einen sind enge Partner wie das zu Dänemark gehörende Grönland, Norwegen und Kanada direkte Arktisanrainerstaaten, die sich ausweitenden militärischen Aktivitäten Russlands gegenübersehen. Weiterhin befindet sich im Nordatlantik die sogenannte GIUK-Lücke (Greenland, Iceland, United Kingdom), welche die atlantischen „Engstellen“ zwischen Grönland, Island und dem Vereinigten Königreich bezeichnet. Ein strategisch wichtiges Gebiet zum Schutz der Seerouten zwischen Europa und Nordamerika. Hier würden die russischen Marineeinheiten – insbesondere die Atom-U-Boote – der Nordmeerflotte durchfahren, um im Falle eines russischen Angriffs auf Europa die transatlantischen Versorgungsrouten zu stören.
Wir wollen einen Beitrag leisten für die Absicherung der für die Freiheit Europas so wichtigen Seegebiete im Nordatlantik.Nils Schmid, Parlamentarischer Staatssekretär
Bereits seit mehreren Jahren ist zu beobachten, dass Russland ehemalige sowjetische Militärstützpunkte im arktischen Raum modernisiert und dort auch Truppen stationiert. Das löst Verunsicherung in einer Region aus, die viele Jahre lang von Kooperation und Freiheit von geopolitischen Spannungen geprägt war. „Es ist nicht länger möglich, nach Frieden und Stabilität zu streben, ohne unsere Abschreckung zu stärken. Diese Entwicklung ist neu und herausfordernd für viele Grönländerinnen und Grönländer. Aber es ist eine Realität, der wir uns anpassen müssen“, erklärte die grönländische Ministerin für Äußeres.
Als größte Volkswirtschaft in Europa ist es für die Bundesrepublik zu kurz gesprungen, würde sie sich mit Blick auf ihre maritimen Sicherheitsinteressen lediglich auf die Ostsee fokussieren und die Partner im Hohen Norden alleine lassen. „Klar ist: Russlands ungezügelter Herrschaftsanspruch beschränkt sich nicht auf die Ukraine oder Teile des Ostseeraums“, so der Parlamentarische Staatssekretär. Man dürfe die einzelnen Regionen nicht isoliert voneinander betrachten, sondern müsse sie als zusammenhängenden Konfliktraum erkennen: Vom Schwarzen Meer bis zum Nordatlantik, erklärte Schmid weiter.
Hinzu kommt die Erschließung neuer kommerziell nutzbarer Seewege in der Arktis aufgrund der zunehmenden Erderwärmung. Das ermöglicht neben einer Beschleunigung der Handelsströme auch den Zugang zu bisher unerreichbaren Rohstoffen in der Polarregion. Diese Faktoren sorgen auch für eine verstärkte chinesische Präsenz in diesem bisher kaum zugänglichen Gebiet. Dabei wächst die Sorge, dass sich nicht alle Akteure im Hohen Norden an die regelbasierte Ordnung auf Grundlage des Völkerrechts halten. Daher hat die Bundesrepublik im vergangenen Jahr die Leitlinien ihrer Arktispolitik angepasst und das Thema Sicherheit an der Nordflanke zur Priorität erhoben. „Wir stehen für die regelbasierte Ordnung ein und als Exportnation hängen wir zudem maßgeblich vom freien Handel auf sicheren Seewegen ab“, betonte Schmid.
Im Ostseeraum sind Dänemark und Deutschland seit vielen Jahrzehnten enge Partner. Hier bedroht vor allem Russlands Schattenflotte die kritische maritime Infrastruktur. Moskaus Kampfjets testen regelmäßig die Reaktionsfähigkeit an den Grenzen des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftraums. „Gut, dass wir mit Dänemark einen Partner an der Seite haben, um der Bedrohung gemeinsam entschlossen entgegenzutreten“, so Schmid. So stellt Dänemark Personal für das maritime Hauptquartier Commander Task Force Baltic in Rostock. Zudem unterstützt Kopenhagen die Absicht der Bundesregierung, einen regionalen Hub für die Sicherung der kritischen Infrastruktur in der Ostsee einzurichten. Beide Länder koordinieren die Patrouillen entlang der gemeinsamen Seegrenzen. Die vertrauensvolle Kooperation soll nun auch im Hohen Norden weiter gestärkt werden.
Erst am 30. Juni trafen sich Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein dänischer Amtskollege in Kopenhagen, um konkrete Maßnahmen für ein gemeinsames Engagement im Hohen Norden zu besprechen. Nun, sieben Wochen später, liegt der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ bereits im Hafen von Nuuk. Neben Ministerin Motzfeld bedankte sich auch der dänische Verteidigungsminister Poulsen für die Präsenz des deutschen Kriegsschiffs. Zudem betonte Poulsen: „Die Partnerschaft in der NATONorth Atlantic Treaty Organization und die Zusammenarbeit der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten wird zukünftig gebraucht. Gemeinsam können wir viel mehr hier in der Arktis im Hohen Norden erreichen.“ Und auch Schmid hob mit Blick auf die geostrategischen Rivalitäten in der Region hervor: „Wir sind bereit, mehr Verantwortung für Stabilität und Sicherheit hier im Hohen Norden gemeinsam mit Grönland und Dänemark zu übernehmen.“
Zukünftig wird die Deutsche Marine sowohl mit Fregatten, U-Booten sowie den neuen Seefernaufklärern zur Lagebilderstellung im Nordatlantik beitragen. Die Grönländerinnen und Grönländer sollen zu jeder Zeit wissen, was in ihren Gewässern passiert. „Damit unterstützen wir die Verteidigungsplanung der NATONorth Atlantic Treaty Organization und stärken den Pfeiler der Abschreckung in der Allianz“, so der Parlamentarische Staatssekretär. Das Ziel ist dabei für den Parlamentarischen Staatssekretär klar: „Die Arktis als Region der friedlichen Koexistenz und frei von geopolitischen Spannungen erhalten.“
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