Für den Spannungs- und Verteidigungsfall sowie den Beistandsfall nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags gelten klare rechtliche Rahmenbedingungen. Daran ist auch ein Engagement der Brigade Litauen gebunden. Sie wäre im Falle eines Angriffs Russlands auf Litauen der NATONorth Atlantic Treaty Organization unterstellt. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Auf welcher Grundlage erfolgt die Stationierung der Brigade Litauen?
Die Stationierung der deutschen Brigade in Litauen erfolgt auf der Grundlage der Einladung und mit expliziter Zustimmung der litauischen Regierung. Damit sind die Stationierung der Brigade Litauen und der dauerhafte Aufenthalt deutscher Streitkräfte in Litauen völkerrechtskonform.
Wie lautet der verfassungsmäßige Auftrag der Brigade Litauen?
Die Brigade Litauen soll den verfassungsgemäßen Kernauftrag der Bundeswehr erfüllen: die Landes- und Bündnisverteidigung gemäß Artikel 87a des Grundgesetzes. Litauen und Deutschland sind beides Mitglieder der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Daher steht die Bundeswehr auch für die Sicherheit, Souveränität und territoriale Integrität Litauens und anderer NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner ein.
Warum darf die Brigade Litauen in einem anderen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedstaat stationiert werden?
Die NATONorth Atlantic Treaty Organization ist ein anerkanntes System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Grundgesetzes. Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes berechtigt den Bund nicht nur zum Beitritt in ein solches System, sondern erlaubt auch, die damit verbundenen Aufgaben zu übernehmen. Dazu zählt auch ein Einsatz der Bundeswehr entsprechend den Regeln dieses Systems. Damit ist unter anderem auch die militärische Präsenz im Bündnisgebiet abgedeckt. Das kann durch Übungen oder Stationierungen geschehen, die zur Integrität des Bündnisgebiets beitragen und externe Aggressoren abschrecken – so, wie es der Auftrag der Brigade Litauen ist.
Wäre ein Einsatz der Brigade Litauen durch den Deutschen Bundestag zustimmungspflichtig?
Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der grundsätzlich vorherigen parlamentarischen Zustimmung. Für Auslandseinsätze, die nicht nach Feststellung des Verteidigungsfalls erfolgen, setzt das Parlamentsbeteiligungsgesetz diese Rechtsprechung in Gesetzesform um und konkretisiert sie. Nach diesen Maßstäben liegt ein zustimmungspflichtiger Einsatz erst vor, wenn die qualifizierte Erwartung besteht, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten in unmittelbarer zeitlicher Nähe in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind. Dies gilt unabhängig vom Einsatzkontext, also nicht nur für Auslandseinsätze zur Krisenintervention, sondern auch für die Bündnisverteidigung.
Sollte Russland einen bewaffneten Angriff auf Litauen unternehmen, kann sich Litauen zur Abwehr auf sein Selbstverteidigungsrecht berufen. Partner könnten Litauen im Rahmen des kollektiven Selbstverteidigungsrechts unterstützen. Für diesen Fall gilt verfassungsrechtlich: Sollen deutsche Streitkräfte wie die Brigade Litauen zur militärischen Verteidigung der territorialen Integrität des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebiets eingesetzt werden, wäre der Bundestag zu beteiligen. Die Bundesregierung ist ausnahmsweise – bei Gefahr im Verzug – berechtigt, vorläufig den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu beschließen, damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland durch den Parlamentsvorbehalt nicht infrage gestellt werden. Der Bundestag wird entsprechend seiner verfassungsrechtlichen Rolle in die Entscheidung über alle Einsätze bewaffneter deutscher Streitkräfte einbezogen.
Wem wäre die Brigade Litauen im Fall eines Angriffs Russlands auf Litauen unterstellt?
Im Fall eines Angriffs der Russischen Föderation auf Litauen würde es eine kollektive Reaktion der NATONorth Atlantic Treaty Organization geben, an der die Brigade Litauen beteiligt wäre. Die Brigade Litauen würde in einem solchen Fall der NATONorth Atlantic Treaty Organization unterstellt. Die Verteidigung des Bündnisgebiets würde sodann über die integrierten Kommandostrukturen der NATONorth Atlantic Treaty Organization geführt.
Wann wird der Verteidigungsfall festgestellt?
Voraussetzung für die Feststellung des Verteidigungsfalls gemäß Artikel 115a des Grundgesetzes ist, dass das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Waffengewalt angriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar bevorsteht. Der Bundestag kann dann mit Zustimmung des Bundesrats den Verteidigungsfall auf Antrag der Bundesregierung feststellen. Dies ist aber keine Voraussetzung dafür, sich an der kollektiven Verteidigung der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu beteiligen, sollte ein anderer Bündnispartner angegriffen werden.
Hat Deutschland die Pflicht zum Beistand, wenn ein NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner angegriffen wird?
Ja, im Fall eines Angriffs gegen einen Bündnispartner ist Deutschland als NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitglied gemäß Artikel 5 des Nordatlantikvertrags zum Beistand verpflichtet. Dabei entscheidet jeder Mitgliedstaat für sich, welche Art von Beistand er leistet. Die rechtlichen Rahmenbedingungen eröffnen der Bundesregierung genügend Möglichkeiten, um gegebenenfalls auf bewaffnete Angriffe gegen Litauen gemeinsam mit den Verbündeten zu reagieren.
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