Um den wachsenden Bedrohungen insbesondere durch Russland gerecht zu werden, organisiert sich die NATO neu. Dazu gehört auch das New Force Model, an dem sich Deutschland mit mehr als 30.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 85 Schiffen und Flugzeugen in den ersten 30 Tagen nach Aktivierung der Truppe beteiligen wird. Es wird der Nachfolger der NATO Response Force. Ein Überblick, was sich verändert und warum.
Die NATO Response Force (NRFNATO Response Force) ist die Allzweckwaffe der NATO, um weltweit auf Ereignisse und mögliche Bedrohungen reagieren zu können, erklärt Oberstleutnant i. G. Asbjörn Wenig. Er arbeitet im Verteidigungsministerium im Bereich Führung Streitkräfte (FüSK) und ist Experte für das deutsche NATO-Engagement. Mit den aktuellen Ereignissen, dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine, „hat man jedoch festgestellt, dass das nicht mehr ausreicht“, so Wenig. Denn die NRFNATO Response Force ist zwar grundsätzlich weltweit einsetzbar, es sind jedoch weite Strecken zurückzulegen, bis die Truppen am Ziel sind. Außerdem ist sie, gemessen am potenziellen Gegner Russland, insgesamt zu klein und unflexibel ausgestaltet, um auf unterschiedlichste Szenare zu reagieren.
Die NRFNATO Response Force rotiert. Das bedeutet, dass immer wieder andere Länder die entsprechenden Kräfte stellen. „Zwei oder drei Jahre im Voraus sagen die Nationen ihre Beteiligung an der NRFNATO Response Force zu.“ Wenn Spanien die Kräfte stellt, aber die NATO-Ostflanke verstärkt werden muss, dann ist der logistische Aufwand groß. Außerdem sind nicht alle Bündnispartner mit ihren Streitkräften für Operationen in allen klimatischen Zonen an der Peripherie des Bündnisses gleichermaßen geeignet und durchhaltefähig.
Deswegen soll es wieder regionale Verantwortlichkeiten geben. „Die Nationen stellen dann dauerhaft die Kräfte für ihre Region bereit. Wir schützen dann das, was uns am nächsten ist“, so Wenig. Das erfolgt mit dem New Force Model (NFMNew Force Model), der künftigen Kräftestruktur der NATO. Das NFMNew Force Model soll durch regionalen Fokus umfangreicher, flexibler und reaktionsfähiger als die bisherige NRFNATO Response Force sein.
Im Falle Deutschlands heißt das konkret, dass der Schwerpunkt auf Zentral- und Nordosteuropa liegt und somit auf seinen östlichen Nachbarn wie Polen, aber insbesondere auch Litauen, wo die Bundeswehr bereits seit mehr als fünf Jahren engagiert ist. Dieser Ansatz erhöht die Reaktionsfähigkeit und die Abschreckungswirkung des Bündnisses, denn über feste Zusammenarbeitsbeziehungen bereits im Frieden können die Truppen in der kritischen Anfangsphase eines Konfliktes schneller und effizienter verlegt werden.
Die deutsche Beteiligung am New Force Model
Für das NFMNew Force Model stellt Deutschland bis zu 30.000 Soldatinnen und Soldaten sowie 85 Flugzeuge und Schiffe. Diese Zahlen beziehen sich auf die ersten 30 Tage, nachdem der Einsatz dieser Kräfte entschieden wurde. Im ersten Moment nach der Aktivierung dient der rasche Aufmarsch dieser Kräfte der Abschreckung. Wie es auch an der NATO-Ostflanke derzeit der Fall ist. Ist das jedoch nicht ausreichend, muss entsprechend auf die Lage reagiert werden. Bei Bedarf stehen danach weitere Folgekräfte planerisch zur Verfügung, erklärt Wenig, denn insgesamt umfasst das NFMNew Force Model nahezu die gesamten deutschen Streitkräfte.
Auf eine schnelle Eingreiftruppe wie die heutige VJTFVery High Readiness Joint Task Force soll aber auch mit dem neuen Modell nicht verzichtet werden. Ab 2025 soll es auch die Allied Reaction Force (ARF) geben. Sie wird aus Kräften und Fähigkeiten gebildet, um schnelle Effekte zu generieren wie eine Anfangsoperation zum Halten von bedeutenden Geländeabschnitten oder Einrichtungen oder aber zur Unterstützung bei Katastrophen und sonstigen Krisen. „Beim Landanteil werden es im Gegensatz zur bisherigen NRFNATO Response Force zukünftig leichte Kräfte sein, die schnell am Ziel sein können.“ Dazu gehören beispielsweise Infanterie, wie Fallschirmjäger, aber kein schweres Gerät wie Panzer.
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