Die NATONorth Atlantic Treaty Organization befindet sich in einer neuen Phase ihrer Geschichte. Das aggressive Vorgehen Russlands gegenüber der Ukraine und die völkerrechtswidrige Annexion der Krim haben zu einer Rückbesinnung auf die kollektive Verteidigung geführt, sagte der deutsche Botschafter bei der NATONorth Atlantic Treaty Organization, Hans-Dieter Lucas, bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen Atlantischen Gesellschaft am 14. Juli in Berlin. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, lobte die hohe „Geschlossenheit und Solidarität“ der Mitgliedstaaten.
Nach vier Jahrzehnten des Kalten Krieges und rund 25 Jahren Stabilisierung auf dem Balkan und in Afghanistan sei der Gipfel von Wales „ein Stück weit der Beginn einer NATONorth Atlantic Treaty Organization 3.0“ gewesen, erläuterte Lucas. Seither habe sich das sicherheitspolitische Umfeld weiter verändert. Der Ukraine-Konflikt schwele weiter, hinzugekommen seien beispielsweise große, nicht angekündigte Manöver Russlands und eine zum Teil besorgniserregende Nuklearrhetorik Moskaus.
Die Allianz habe darauf in Warschau reagiert – allerdings nicht mit einer Rückkehr zu Konzepten und Instrumenten des Kalten Krieges. „Die Antwort der Allianz war insgesamt verhältnismäßig und ausbalanciert. Sie stellt eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung sicher, im Einklang mit dem defensiven Charakter des Bündnisses“, betonte der deutsche NATONorth Atlantic Treaty Organization-Botschafter. Ein wesentliches Element dabei sei die „Vornepräsenz“ im östlichen Bündnisgebiet. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization wird je ein multinationales Bataillon in die drei baltischen Staaten sowie nach Polen verlegen. Die Bundeswehr wird das Bataillon in Litauen als sogenannte Rahmennation führen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, sieht das wesentliche Signal des Warschauer Gipfels in der „großen Geschlossenheit und Solidarität“ der 28 NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten. „Wir haben ein wichtiges Zeichen gesetzt“, betonte Wieker. Es komme nicht allein auf die Stärke der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Truppen im östlichen Bündnisgebiet an. Wichtig sei, dass die vier Bataillone „ein internationales Gesicht“ hätten. „Das zeigt jedem möglichen Opponenten, dass er es mit dem gesamten Bündnis zu tun hat, und zwar von Anbeginn an“, so der General. Aus dem gleichen Grund hätten im geteilten Berlin zu Zeiten des Kalten Krieges die Regierenden Bürgermeister stets großen Wert auf die internationale Truppenpräsenz der westlichen Verbündeten gelegt, blickte Wieker zurück.
Wieker und Lucas sagten, die Stationierung wechselnder Bataillone im Baltikum und in Polen erfolge auf Basis der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Grundakte aus dem Jahr 1997. Lucas hob noch einmal den Doppelansatz von Abschreckung und Verteidigung einerseits und Entspannung und Dialog andererseits hervor. Zu gegenseitiger Transparenz und Vertrauensbildung gehöre der Austausch im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Russland-Rat. Die Bundesregierung habe sich immer dafür eingesetzt, dieses Gremium auch in schwierigen Zeiten zu nutzen.
Christian Mölling, Wissenschaftler beim German Marshall Fund, bescheinigte den Staats- und Regierungschefs der NATONorth Atlantic Treaty Organization „politisches Augenmaß“. Er bestritt, dass sich beim Warschauer Gipfel die Hardliner durchgesetzt hätten. „Das ist keine übermäßige oder gar eskalatorische Reaktion“, sagte Mölling. Dem widersprach der Journalist Werner Sonne. Kampfpanzer als Symbol des Kalten Krieges bekämen in Deutschland und Europa neue Bedeutung, und die USA verlegten wieder Kampfbrigaden nach Europa. „Insgesamt sehen wir eine erhebliche Eskalation im Verhältnis zu Russland“, sagte Sonne.
Der SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu hält es für erforderlich, in der Bevölkerung für die Beschlüsse der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu werben. „Es ist sehr schwer, in der deutschen Öffentlichkeit ein Verständnis dafür zu erzeugen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer auf einen neuen Kalten Krieg ausgerichteten Eskalationsdynamik und den doch relativ maßvollen Maßnahmen, die die NATONorth Atlantic Treaty Organization jetzt ergriffen hat“, sagte er. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, innerhalb des Bündnisses die notwendige Geschlossenheit und das Vertrauen insbesondere bei den Ländern an der Ostflanke herzustellen. Nun müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden, sagte Felgentreu, der Mitglied im Verteidigungsausschuss ist.
Der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel beschäftigte sich nicht nur mit dem Verhältnis zu Russland. Im Süden – also an den Krisenherden von Libyen über Syrien bis Irak und Afghanistan – will das Bündnis Stabilität fördern, indem es Partnerländer beim Aufbau von Kapazitäten im Sicherheits- und Verteidigungsbereich unterstützt, zum Beispiel durch Ausbildungsmissionen. Eine rein militärische Lösung werde es in Syrien, Irak und Afghanistan nicht geben, erläuterte Botschafter Lucas. Am Ende seien politische Lösungen erforderlich. General Wieker machte sich in diesem Zusammenhang für einen umfassenden vernetzten Ansatz stark, der auch im neuen Weißbuch der Bundeswehr betont werde. Das Militär sei ein Teil des außenpolitischen Instrumentariums.
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