Schweden soll NATO-Mitglied werden, das Bündnis bereitet neue Verteidigungspläne vor, Gründung des NATO-Ukraine-Rates und eine Beitrittsperspektive für Kiew – das sind die wesentlichen Ergebnisse des NATO-Gipfels in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
Der NATO-Gipfel 2023 in der litauischen Hauptstadt Vilnius war vor allem eines: Ein Gipfel für ein stärkeres Bündnis. Die NATO-Mitgliedstaaten wollen ihre Verteidigungsausgaben steigern und die Ostflanke der Allianz stärken. Das Bündnis einigte sich weiter auf umfassende Verteidigungspläne. Als 31. und jüngstes Mitglied der Allianz nahm Finnland teil. Der Beitritt Schwedens ist absehbar und der Weg der Ukraine in die NATO wurde geebnet. Zum ersten Mal tagte der NATO-Ukraine-Rat im Beisein des ukrainischen Präsidenten Selenskyj.
Bundeskanzler Olaf Scholz nahm mit Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius am Gipfeltreffen teil. Mit den Ergebnissen des politischen Spitzentreffens der Allianz am 11. und 12. Juli 2023 zeigte Scholz sich zufrieden:
Russlands Überfall auf die Ukraine dauert nun schon mehr als 500 Tage. Russland hat damit nicht nur seinen Nachbarn angegriffen, sondern die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur gefährdet. Und darauf muss auch die atlantische Allianz eine Antwort geben. Der NATO-Gipfel gestern und heute hier in Vilnius hat diese Antwort sehr klar formuliert. Denn er hat die NATO gestärkt, unsere Bereitschaft zur Verteidigung unterstrichen und den Zusammenhalt in der Allianz erhöht.Bundeskanzler Olaf Scholz
Die NATO steht überdies weiter an der Seite der von Russland angegriffenen Ukraine. Das von den NATO-Partnern vorgestellte Paket für die Annäherung der Ukraine an das Bündnis hat drei Elemente:
Die Verbündeten werden im Konsens eine Beitrittseinladung an die Ukraine aussprechen, wenn die Voraussetzungen für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine erfüllt sind. Nach Ansicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius kommt ein NATO-Beitritt der Ukraine noch während des Krieges jedoch nicht in Frage:
Wir haben immer gesagt, dass die Zukunft der Ukraine in der NATO liegt – daran gibt es keinen Zweifel. […] Wir können nicht über die Mitgliedschaft sprechen, während der Krieg noch andauert. Wir müssen also abwarten und dann muss dies natürlich schnell geschehen. Gleichzeitig müssen jedoch einige Anforderungen erfüllt werden – das kann niemand hinterfragen.Verteidigungsminister Boris Pistorius
In der aktuellen Situation kommt es laut NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vielmehr darauf an, die Ukraine weiter militärisch zu unterstützen und dafür Sorge zu tragen, dass sie als unabhängiges Land in Europa bestehen bleibe. Sein Versprechen: „Wir stehen zu euch, so lange es nötig ist.“ Neben Frankreich, den USA und vielen anderen Nationen hat auch Deutschland in Vilnius deshalb neue Lieferungen für die Ukraine angekündigt. Das in Vilnius geschnürte Paket ist eines der bisher umfangreichsten und „bedient die Prioritäten der Ukraine: Luftverteidigung, Panzer, Artillerie“, betonte Verteidigungsminister Pistorius.
Das Vilnius-Paket im Detail:
Insgesamt umfasst das Paket 31 Positionen, die durch Abgaben aus Beständen der Bundeswehr und mit industriellen Partnern zusammen umgesetzt werden.
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Historisch war der Gipfel von Vilnius auch deswegen, weil die Verbündeten das umfassendste Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der Allianz seit Ende des Kalten Krieges beschlossen haben. Kern sind neue Verteidigungspläne – 30 Jahre lang waren sie nicht notwendig, jetzt sind sie es wieder. Sie sollen gewährleisten, dass „am Ende […] jedes NATO-Mitglied weiß, was es zu tun hat und in welcher Situation es gefordert ist“, erklärte Verteidigungsminister Pistorius.
Zu militärischen Plänen gehören Truppen, die sie umsetzen: Die NATO wird künftig 300.000 Soldatinnen und Soldaten in hoher Bereitschaft vorhalten, außerdem beträchtliche Marine- und Luftunterstützung. Von 2025 an sollen 35.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu Verbänden der beiden höchsten Bereitschaftsstufen gehören. In Litauen wird die Bundeswehr eine robuste Brigade stationieren, sobald alle infrastrukturellen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Um all dieses umsetzen und die Ukraine auch weiterhin angemessen unterstützen zu können, müssen die Mitgliedstaaten mehr in ihre Verteidigung investieren. Daher haben die Verbündeten sich in Vilnius verpflichtet, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in ihre gemeinsame Verteidigung zu investieren – aus dem Zwei-Prozent-Ziel wurde das Zwei-Prozent-Minimum.
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Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste nach Vilnius, um dort am ersten NATO-Ukraine-Rat überhaupt teilzunehmen. Doch die Verbündeten haben in Vilnius nicht nur mit der Ukraine getagt, sie tauschen sich zudem mit ihren EU-Partnern sowie mit den Partnern aus dem Asien-Pazifik-Raum – konkret mit Australien, Japan, Korea und Neuseeland – aus. Hierzu betonte Stoltenberg, Sicherheit sei keine regionale, sondern eine globale Angelegenheit. Eines der Hauptthemen war hierbei der Umgang mit China.
Aus Vilnius werde das klare Signal gesendet, dass die NATO jeden Zentimeter des Gastgeberlandes Litauens und jeden Zentimeter Staatsgebiet jedes Bündnispartners verteidigen werde, fasste Stoltenberg die Gipfelbeschlüsse zusammen. Putin habe nicht nur die Ukraine unterschätzt, als er sie angreifen ließ. Er habe auch das Bündnis und dessen Stellung in der Welt unterschätzt. Putin habe weniger NATO gewollt und mehr NATO bekommen, so Stoltenberg. Putin habe einen schweren strategischen Fehler gemacht, bilanzierte der NATO-Generalsekretär.
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