Seine Ansprache auf der Gedenkveranstaltung für Erich Schulz am 25. April 2025 nutzte Verteidigungsminister Boris Pistorius dazu, zum gesellschaftlichen Diskurs über Demokratie und die sie herausfordernden Bedrohungen beizutragen. Erich Schulz wurde vor 100 Jahren, am 25. April 1925, wegen seiner demokratischen Gesinnung von einem Rechtsextremisten auf offener Straße ermordet.
Die Weimarer Republik von 1918 bis 1933 und ihre Verfassung waren ein revolutionärer politischer Neubeginn in einer Zeit, in der viele andere europäische Staaten noch Monarchien waren. Sie basierte auf der unmittelbaren, gleichen und geheimen Stimmabgabe bei Wahlen, führte das Wahlrecht für Frauen ein und verankerte soziale Grundrechte in ihrer Verfassung. Die Weimarer Republik war Deutschlands erste Demokratie.
In seiner Rede zum Gedenken an den überzeugten Demokraten Erich Schulz erinnerte Verteidigungsminister Pistorius an den unschätzbaren Wert unserer Demokratie: „Sie gibt uns die Möglichkeit, unser Leben und unsere Zukunft frei und selbstbestimmt zu gestalten.“ Erich Schulz sei ein starker Verbündeter dieser Demokratie gewesen und habe sein Engagement für sie schließlich mit dem eigenen Leben bezahlt, so der Minister auf dem Berliner Friedhof Columbiadamm.
Sie ist nicht mehr selbstverständlich und sie ist verletzlich, unsere Demokratie.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Heute, 100 Jahre nach dem politischen Mord an Erich Schulz, geraten Demokratien weltweit wieder unter Druck. Ihre Feinde gewinnen nicht nur in Deutschland und in Europa an Boden. Russland und andere Autokratien, so Minister Pistorius, hätten es dabei nicht nur auf die äußere Sicherheit abgesehen. Sie versuchten gleichzeitig, Demokratien von innen zu unterminieren – mit dem Ziel, Spaltung und Verunsicherung in offene, freiheitliche Gesellschaften zu tragen. „Unsere Demokratie ist erneut in Gefahr, so sehr, wie seit langem nicht mehr. Sie braucht unseren Schutz vor Bedrohungen von innen und außen. Sie muss verteidigt werden: jetzt und in Zukunft, weltweit und eben auch hierzulande“, appellierte Pistorius auf der Gedenkveranstaltung.
Eine wehrhafte Demokratie, so Pistorius, brauche auch militärische Stärke – das führe der russische Überfall auf die Ukraine einem täglich vor Augen. Deshalb sei es wichtig, eine klare Antwort auf die von Russland ausgehende Bedrohung zu geben. „Wir stärken die Bundeswehr so wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagte der Minister.
Die Männer und Frauen der Bundeswehr, so Pistorius weiter, verteidigten Deutschland nicht nur gegen äußere Feinde. Sie schützten auch das, was Demokratie und Gesellschaft ausmache. „Sie stehen ein für Freiheit und Sicherheit, für den Rechtsstaat und für die Möglichkeit, frei denken, frei sprechen und natürlich auch widersprechen zu können.“ Dafür, beteuerte Pistorius, sei er den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr jeden Tag dankbar. „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst“ – dieser Satz versinnbildliche, wofür die Bundeswehr eintrete.
Die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, sei jedoch nicht alleinige Aufgabe der Staatsgewalt, führte der Verteidigungsminister aus. Dazu brauche es auch und vor allem überzeugte Demokratinnen und Demokraten. Unverändert seit dem Tod von Erich Schulz gelte: „Demokratie braucht Menschen, die sich täglich für sie einsetzen und, wenn erforderlich, auch für sie kämpfen. Sie braucht Menschen, die sie zu schätzen wissen, die die Demokratie lieben, die sie tragen, aber eben auch bereit sind, sie zu beschützen.“
Gerade in einer Zeit, in der demokratische Errungenschaften wie Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit auch in Europa wieder angefochten würden, müsse man mit wachem Blick auf das schauen, was vor 100 Jahren geschehen sei. „Wir müssen aktiv an das erinnern, was war und wohin es führte“, forderte der Minister mit Blick auf die Schrecken des Nationalsozialismus, die im Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg gipfelten. Erinnern bedeute auch, Stellung zu beziehen für Demokratie und Freiheit und gegen Extremismus und Hass.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass die Lautesten und Radikalsten den Ton angeben. Wir dürfen uns nicht wegducken. Sonst überlassen wir unsere Zukunft denjenigen, die unsere Demokratie zerstören wollen“, unterstrich Pistorius zum Ende seiner Ansprache und appellierte: „Kämpfen wir für unsere Demokratie!“
Zum Tod von Erich Schulz: |
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Zum Schutz der ersten deutschen Demokratie gründete sich 1924 das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Erich Schulz war Mitglied dieses demokratischen Schutzbunds, der sich Extremisten entschlossen entgegenstellte. Am 25. April 1925 wurde Schulz im Alter von 27 Jahren von einem politischen Gegner auf offener Straße angeschossen und starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Der Täter trat später der NSDAP und der SS bei. Das Gedenken an Erich Schulz steht also vor allem für eines: In einer Demokratie kommt es auf jede Einzelne und jeden Einzelnen an. |
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