Die NATO ist ein Erfolgsmodell: Seit ihrer Gründung 1949 ist das transatlantische Verteidigungsbündnis von zwölf auf 31 Staaten gewachsen. Wer Mitglied werden will, muss mehrere Bedingungen erfüllen. Einem Beitritt gehen deshalb umfangreiche Verhandlungen und ein mehrstufiger diplomatischer Prozess voraus.
Wer kann Mitglied der NATO werden?
Die NATO verfolgt eine „Politik der offenen Tür“. In Artikel 10 des Nordatlantikvertrages von 1949 ist geregelt, dass sie weitere Staaten einladen kann – wenn alle Mitgliedstaaten dem zustimmen. Staaten, die Mitglied werden wollen, müssen nach dem Vertrag in Europa liegen und in der Lage sein, die Grundsätze des Vertrags zu fördern und zur Sicherheit des nordatlantischen Gebietes beizutragen. Grundsätze des Vertrages sind vor allem Frieden, Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit.
Gibt es über diese Vorgaben hinaus verbindliche Voraussetzungen für Bewerberstaaten?
Ja. Die NATO hat 1995 politische, wirtschaftliche und militärische Kriterien in einer Studie zur Erweiterung der Allianz veröffentlicht. Beitrittswillige Staaten müssen demnach eine funktionierende Demokratie und eine Marktwirtschaft sein, Minderheiten im eigenen Land fair behandeln, sich für die friedliche Lösung von Konflikten einsetzen und bereit sein, einen militärischen Beitrag zu NATO-Operationen zu leisten. Außerdem muss das Militär einer zivilen und demokratischen Kontrolle unterliegen.
Muss ein Staat über eine eigene Armee verfügen, um NATO-Mitglied werden zu können?
Nicht zwingend. Island, ein Gründungsmitglied der NATO, hat bis heute keine eigenen Streitkräfte. Es arbeitet aber eng mit den anderen NATO-Staaten zusammen, zum Beispiel bei der Überwachung des Luftraumes.
Welche Staaten würden gerne NATO-Mitglied werden?
Fünf Staaten haben erklärt, dass sie NATO-Mitglied werden wollen: Bosnien und Herzegowina, Georgien, die Ukraine und Schweden. Am weitesten fortgeschritten ist das Prozedere bei Schweden. Finnland wurde am 4. April 2023 in die Allianz aufgenommen. Sie hatten sich am 18. Mai 2022, also knapp drei Monate nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, offiziell um eine Aufnahme in die NATO beworben. Die Beitrittsgespräche gingen zügig voran und waren schon am 4. Juli 2022 abgeschlossen. Noch haben aber nicht alle NATO-Staaten das Beitrittsprotokoll von Schweden ratifiziert – die letzte Hürde auf dem Weg zum Beitritt.
Wie verläuft das Prozedere bis zur Aufnahme eines Landes in die NATO?
Wird ein Land von der NATO eingeladen, dem Bündnis beizutreten, dann stehen zunächst Verhandlungen an. Dabei soll festgestellt werden, ob das beitrittswillige Land bereit und in der Lage ist, die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Verpflichtungen einer Mitgliedschaft zu erfüllen. Diese Verhandlungen münden in eine Absichtserklärung der Regierung des Beitrittskandidaten, einschließlich eines Zeitplanes zur Umsetzung notwendiger Reformen. Das Beitrittsprotokoll wird von allen NATO-Staaten unterzeichnet und ratifiziert. In Deutschland erfordert die Ratifikation jeweils die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat, andere Staaten haben andere Regelungen. Erst danach lädt der Generalsekretär die Beitrittskandidaten offiziell ein, der NATO beizutreten. Ganz abgeschlossen ist das Beitrittsprozedere erst, wenn der Beitrittskandidat gemäß seinen nationalen Verfahren den Beitritt beschließt und anschließend die Beitrittsurkunde beim US-Außenministerium hinterlegt.
Wie können sich beitrittswillige Länder auf das Beitrittsverfahren vorbereiten?
Die NATO berät und unterstützt solche Staaten mit dem Membership Action Plan (MAP) bei ihrer Vorbereitung auf eine mögliche Mitgliedschaft. Die Beitrittskandidaten legen dabei regelmäßige Fortschrittsberichte vor und erhalten dafür Feedback von der NATO. Das Programm wurde 1999 ins Leben gerufen und berücksichtigt Erfahrungen, die bei der Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn im Jahr 1999 gemacht wurden. Alle Staaten, die seit 2004 in die NATO aufgenommen wurden, durchliefen zuvor erfolgreich das MAP-Programm. Einen Automatismus zur Aufnahme von MAP-Teilnehmerstaaten gibt es aber nicht.
Wie lange dauert es, bis ein Land, das gern der NATO beitreten würde, schlussendlich aufgenommen wird?
Das ist unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, wie groß der politische, wirtschaftliche und militärische Reformbedarf in den beitrittswilligen Staaten noch ist. Die Beitrittsverhandlungen von Tschechien, Ungarn und Polen dauerten zwei Jahre, bevor die Staaten 1999 aufgenommen wurden. Montenegro war ab 2009 im MAP, trat aber erst 2017 der NATO bei. Noch länger dauerte es bei Nordmazedonien: Seit 1999 im MAP, wurde der Staat nach der Einigung mit Griechenland im Namensstreit 2018 zu Beitrittsverhandlungen eingeladen und trat schließlich 2020 bei. Derzeit befindet sich Bosnien und Herzegowina im MAP – eingeladen wurde es bereits 2010.
Können Staaten die NATO auch wieder verlassen?
Nach Artikel 13 des Nordatlantikvertrages ist das mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr möglich. Vorgekommen ist es jedoch noch nie. Frankreich, ein Gründungsmitglied der NATO, verließ 1966 zwar die integrierte Militärstruktur der NATO, um militärisch unabhängiger zu werden, nicht aber die NATO an sich. Dies führte damals zum Abzug französischer Soldaten aus NATO-Kommandobehörden und zur Verlegung des Hauptquartiers von Paris nach Brüssel. Nach einem Prozess der Wiederannäherung beteiligt sich Frankreich seit 2009 wieder vollständig an den NATO-Strukturen.
1949 (Gründung) | Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, USA |
1952 | Griechenland, Türkei |
1955 | Deutschland |
1982 | Spanien |
1999 | Polen, Tschechien, Ungarn |
2004 | Rumänien, Bulgarien, Slowenien, die Slowakei, Estland, Lettland, Litauen |
2009 | Albanien und Kroatien |
2017 | Montenegro |
2020 | Nordmazedonien |
2023 | Finnland |
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