Die gezielte Förderung von weiblichen Führungskräften mit Familie muss Chefsache sein – das weiß Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aus eigener Erfahrung. Bei der Geburt ihres ersten Kindes sei es noch keineswegs selbstverständlich gewesen, nach einer Elternpause wieder in gleicher Position einzusteigen. „Dass ich heute hier stehe, habe ich dem Chef der Klinik zu verdanken, in der ich damals arbeitete. Seine Haltung war das Entscheidende. Ohne ihn wäre ich nicht zurückgekehrt“, sagte die Ministerin in ihrer Rede zur Eröffnung der Jahreskonferenz der „Initiative Chefsache“.
Setzt sich für die Chancengleichheit der Geschlechter ein: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will Hürden für weibliche Führungskräfte abbauen.
In dem 2015 gegründeten Netzwerk engagieren sich rund 30 deutsche Unternehmen und Institutionen für ein ausgewogeneres Verhältnis von Frauen und Männern in Führungspositionen. Rund 400 Führungskräfte diskutierten auf der fünften Jahreskonferenz unter dem Motto „Dual Career – Erfolg gemeinsam gestalten“ Mittel und Wege für eine bessere Förderung von Doppelkarrierepaaren. Laut einer Umfrage der Initiative finden es 63 Prozent der Befragten mit Kindern schwierig, dass beide Partner ihre Berufswünsche verwirklichen können. Wenn Nachwuchs kommt, geht meistens die Mutter in Elternzeit. Und nach der Rückkehr ins Berufsleben arbeiten Frauen oft in Teilzeit weiter, was sich häufig als Karrierekiller erweist: Nur 19 Prozent der Vorgesetzten würden Teilzeitangestellte in eine Führungsposition befördern.
Genau diese stereotypen Verhaltensmuster will die Ministerin in den Führungsebenen der Bundeswehr verändern. „Wir verlieren die Frauen an dem Punkt, wo die subjektive Beurteilung des Vorgesetzten dazu kommt.“ Männliche Offiziere und Abteilungsleiter würden noch immer bevorzugt männliche Bewerber befördern. Der Wandel in den Köpfen müsse oben beginnen und von den Führungskräften vorgelebt werden. Flexible Arbeitsmodelle und ein umfangreiches Angebot für die Kinderbetreuung würden ebenfalls helfen, dass beide Partner ihre Karrieren weiterverfolgen könnten.
Doppelkarrierepaare fördern: Flexible Arbeitsmodelle und ein verbessertes Angebot in Sachen Kinderbetreuung sollen es Frauen erleichtern, ihre Berufsziele zu verwirklichen.
Ähnliches war von Oberstarzt Lale Bartoschek und Kapitän zur See Jörg Bartoschek zu vernehmen. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter, beide arbeiten als militärische Führungskräfte. „Die Bundeswehr bemüht sich mit viel Engagement um flexible Arbeitsmodelle – etwa mit der Telearbeit“, sagte Oberstarzt Bartoschek. Ihr Partner und sie könnten bei Bedarf auch von zu Hause arbeiten, so ließe sich Berufliches und Privates leichter unter einen Hut bringen. Die Frauen in der Bundeswehr müssten in punkto Chancengerechtigkeit „gezielt konkurrenzfähig aufgestellt werden“, sagte Oberstarzt Bartoschek. Nicht die Frauenförderung per Quote, sondern der Abbau von Hürden für Frauen im Arbeitsleben sei dabei am effektivsten.
In der Bundeswehr hat sich in der Amtszeit von Ursula von der Leyen in dieser Hinsicht viel getan: Der Anteil von Frauen in zivilen und militärischen Führungspositionen steigt seit 2013 stetig an. Dennoch müsse noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, machte die Ministerin klar. „Die kritische Masse ist noch nicht erreicht – wir müssen dranbleiben“, sagte sie. In Zeiten des Fachkräftemangels könne es sich kein Unternehmen mehr leisten, auf qualifizierte weibliche Nachwuchskräfte zu verzichten. „Wir müssen uns als Organisation modern aufstellen, um patente, junge Frauen nicht zu verlieren“, sagte die Ministerin. Es zahle sich aus, wenn Doppelkarrieren durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert würden.
Zwölf Prozent der Soldaten der Bundeswehr sind weiblich – mit steigender Tendenz: Im Mai 2019 dienten mehr als 22.000 Soldatinnen in der Bundeswehr und im Verteidigungsministerium. Der Anteil der Frauen in Uniform soll mittelfristig im Sanitätsdienst auf 50 Prozent und in den anderen Teilstreitkräften auf 15 Prozent steigen und anschließend weiter ausgebaut werden. In den Anfangsjahren der Bundeswehr war dies noch unvorstellbar. Der Dienst an der Waffe war für Frauen laut Artikel 12a Grundgesetz verboten. Erst schrittweise öffnete sich die Bundeswehr für Frauen, zunächst im Sanitäts- und Militärmusikdienst. Seit 2001 stehen alle Laufbahnen der Bundeswehr sowohl Männern als auch Frauen offen. Auslöser war eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: Tanja Kreil hatte sich 1996 als Waffenelektronikerin beworben und war aufgrund ihres Geschlechts abgelehnt worden. Vier Jahre später bekam Kreil Recht und das Grundgesetz wurde entsprechend angepasst. Der Frauenanteil unter den Berufsoffizieren hat sich in den letzten fünf Jahren von 13 auf 21 Prozent erhöht, unter den zivilen Führungskräften im Verteidigungsministerium stieg der Frauenanteil im gleichen Zeitraum von damals 21 auf jetzt 29 Prozent. |
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