Tief bewegt weihte Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen am Samstag vor mehreren Hundert Hinterbliebenen und Gästen den „Wald der Erinnerung“ in der Henning-von-Tresckow-Kaserne bei Potsdam ein.
„Hier in Potsdam, im Einsatzführungskommando schließt sich der Kreis. Hier werden die Einsätze geplant, koordiniert und geführt; hier ist die Nahtstelle, hier gehen zuerst die Meldungen ein, wenn etwas Schreckliches passiert. Hier kennen viele ihre Kameradinnen und Kameraden im Einsatz ganz persönlich. Kameraden kehren an vertraute Orte zurück, an denen sie gestanden und geweint haben, die sie aber bisher nicht mit ihren Familien teilen konnten“.
Die Ministerin stellte in ihrer emotionalen Rede heraus, dass nun die Angehörigen und Freunde der im Dienst Getöteten selbst sehen und spüren könnten, wo ihre Lieben zuletzt gewesen waren. Ein Ort wie der Wald der Erinnerung helfe zu trauern und das Erlebte zu verarbeiten.
„Der Tod eines Menschen ist zu groß und zu persönlich, als dass seiner nur in einer einzigen Form gedacht werden sollte. Es ist gut verschiedene Formen, verschiedene Orte des Gedenkens zu finden“, erklärte sie mit Blick auf die Verbindung vom Ehrenmal in Berlin zum Potsdamer Wald der Erinnerung. Ebenso wies sie daraufhin, dass der Wald der Erinnerung der „ausdrückliche Wunsch der Hinterbliebenen“ sei.
Wie sehr diese Stätte der des gemeinsamen Gedenkens und der individuellen Erinnerung zur deutschen Gesellschaft gehört, bewies die Anwesenheit des Bundespräsidenten Joachim Gauck, der als Gast neben den vielen Familienangehörigen, Freunden und Kameraden der im Dienst getöteten Bundeswehrangehörigen seine Verbundenheit bezeugte. Gemeinsam mit von der Leyen legte er am Ort der Stille einen Kranz nieder und beide verharrten still zum Klang des Trompetensignals „Der gute Kamerad“.
Sowohl die Ministerin, als auch der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Hans-Werner Fritz und Tanja Menz, Mutter eines gefallenen Soldaten, nahmen die Präsenz von Gauck als Zeichen der öffentlichen Wertschätzung: „In Ihrem Beisein, Herr Bundespräsident, wird heute durch Sie Frau Ministerin, der Wald der Erinnerung seiner Bestimmung übergeben. Ihrer beider Anwesenheit ehrt gerade uns Soldatinnen und Soldaten in besonderem Maße. Sie zeigen damit Ihre große Verbundenheit mit uns. Das tut uns gut!“, betonte Fritz.
Als eine von vielen Hinterbliebenen war auch Tanja Menz, Mutter eines Gefallenen angereist und sprach vor den Gästen über die Möglichkeit, im Wald der Erinnerung ihrem Sohn wieder nahe sein zu können. „Ich erinnere mich gut daran, denn es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass Marlis Böken ... ihre Idee eines Erinnerungswaldes vorstellte“, schilderte sie die schnelle Umsetzung von der Idee bis zur Einweihung.
Gefasst teilte sie den Gästen mit: „Hier können wir auf kleinem Raum eine weite Reise unternehmen, eine Reise zu Orten, die vor Kurzem noch sehr weit entfernt waren. Ab heute sind es nur wenige Schritte zu den Ehrenhainen von Sarajewo; wenige Schritte weiter befinden wir uns bereits in Afghanistan“. Für sie ist es ein Weg der Erinnerung an die 104 Soldaten, deren Namen auf den Stelen der jeweiligen Einsatzorte eingraviert sind.
Menz betrachtet den Wald der Erinnerung als eine Möglichkeit, die Orte zu begreifen, an denen die Toten selbst einmal gestanden haben ihnen damit wieder nahe zu sein.
Der „Wald der Erinnerung“ vereint die Ehrenhaine der Bundeswehr aus den Einsatzgebieten und schafft zugleich einen Ort für persönliche Trauer.
Diesen Gedanken nahm auch Oberstabsfeldwebel Axel Josef Hammers auf. Als Kompaniefeldwebel war er 2010 und 2013 in Afghanistan und musste bei den Anschlägen in Kunduz die drei Gefallenen und die Schwerstverletzten verkraften. Außerdem führte er viele Gespräche mit den dort eingesetzten Soldaten, „und manchmal nahm man einfach jemanden in den Arm“.
Der Wald der Erinnerung ist für ihn die richtige Entscheidung des immerwährenden Erinnerns. „Ich kam damals zu dem Entschluss, dass ein Friedwald genau das richtige für mich wäre. Ein Friedwald wird mit dem Symbol des Lebens, nämlich den Bäumen, in Verbindung gebracht und somit steht das Leben im Vordergrund und nicht der Tod“. Seine Hoffnung sei es dass der Wald der Erinnerung „ein Ort der Begegnung wird, der Angehörige, Veteranen, Soldaten und der Bevölkerung eine Stätte bietet, an der man sich besinnen, zurückziehen und trauern kann, um miteinander ins Gespräch zu kommen“.
Unterstützt wurde er von Stabsfeldwebel Lutz Wendt, der den Ort mit schlichten Worten umschrieb: Für ihn sei es einfach ein Platz für die Trauer, „ein Platz für das nicht Vergessen. Die Zeit der Trauer ist nach fünf Jahren vorbei. Jetzt beginnt die Zeit des nicht Vergessens. Hier haben wir die Möglichkeit auch mal mit den Soldaten herzufahren, die nicht dabei waren. Denen, meinen Jungs kann ich hier erklären, was wir gemacht haben und wo wir waren“.
Das Gelände in der Kaserne bietet mit den Bäumen und Gedenksteinen aus den Einsatzländern eine Möglichkeit des individuellen Umgangs mit dem Verlust eines Angehörigen, Kameraden, Freundes. Mit ihrer Betrachtung der Natur „Laubbäume im Wald der Erinnerung stehen hier als Symbole für die den Tod stets aufs neue bewegende Wiedergeburt des Lebens“, schlug die Ministerin eine Brücke von der nicht zu lindernden Trauer zum Blick nach vorne ohne zu vergessen. „Der immergrüne Nadelbaum steht hier auch als Sinnbild der Unsterblichkeit“, stellte sie fest.
Der „Wald der Erinnerung“ nahe Potsdam vereint die Ehrenhaine der Bundeswehr aus den Einsatzgebieten an einer Stelle und schafft zugleich einen Ort für persönliche Trauer. Er ist allen Toten der Bundeswehr gewidmet und ergänzt so das Ehrenmal am Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums.
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