Extreme Temperaturen, abschmelzendes Eis, Naturkatastrophen: Die Folgen des Klimawandels reichen weit – und betreffen auch Sicherheit und Verteidigung. Um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auch unter veränderten klimatischen Bedingungen sicherzustellen, hat das Verteidigungsministerium die Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ erarbeitet.
Mit der am 14. März 2024 veröffentlichten Strategie befasst sich das Verteidigungsministerium vorausschauend mit den absehbaren und einschneidenden Veränderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen. Begegnen wird Deutschland diesen Herausforderungen in enger Zusammenarbeit mit Partnern und Verbündeten.
Der Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Auch auf Sicherheit und Verteidigung wird er beträchtlichen Einfluss haben. Durch die steigenden Temperaturen wird es weltweit vermehrt zu Temperatur- und Wetterextremen, dem Anstieg des Meeresspiegels, dem Auftauen von Permafrostböden und der Ausbreitung von Wüstengebieten kommen.
All das verändert die Lebensgrundlage vieler Menschen, wird diese in manchen Regionen der Welt bedrohen oder sogar vernichten. Das wiederum kann zu sozialen Unruhen, Instabilität und damit einhergehenden Migrationsströmen führen. Auch die geopolitischen Folgen können absehbar immens sein: So werden sich in der Arktis durch das Abschmelzen des Eises neue Schifffahrtsrouten auftun, und auch die Konkurrenz um Ressourcen kann steigen.
All das birgt Potenzial für Konflikte, geopolitische Spannungen und Machtverschiebungen, weshalb der Klimawandel sicherheitspolitisch relevant ist und künftig umfangreich in die Analyse, die Bewertung und das Management von Konflikten einfließen muss und wird.
Die Bundeswehr muss ihren Kernauftrag, die Landes- und Bündnisverteidigung, auch unter zunehmend extremen klimatischen Bedingungen ausführen können. Was also die Auswirkungen des Klimawandels auf die Bereiche Sicherheit und Verteidigung betrifft, wurden daher acht strategische Handlungsfelder identifiziert. Für jedes Handlungsfeld formuliert die Strategie klare Zielvorgaben, die mithilfe interner Aktionspläne in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Diese werden bis Ende des Jahres 2024 erarbeitet und in ihrer Umsetzung kontinuierlich begleitet.
Geoinformationen, Früherkennung und Vorausschau: Um notwendige Maßnahmen treffen zu können, müssen die Auswirkungen des Klimawandels auf Sicherheits- und Verteidigungspolitik frühzeitig erkannt und bewertet werden. Beispielsweise können mögliche neue Einsatzräume aufgrund ihres erhöhten Konfliktpotenzials frühzeitig identifiziert werden. Dazu soll verstärkt im Bereich Vorausschau gearbeitet und die Ergebnisse in einem internen Informationsportal bereitgestellt werden.
Technologien, Forschung und Entwicklung: Die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien spielt eine zentrale Rolle bei der Anpassung der Bundeswehr an den Klimawandel. Beispielsweise können mit Blick auf die zunehmende Wasserknappheit in zahlreichen Regionen der Welt neue, energieeffiziente Technologien dazu beitragen, dass die Wasserversorgung der Bundeswehr im Einsatz funktioniert. Wie sich technische Entwicklungen zu diesem Zwecke fördern und nutzen lassen, wird fortlaufend geprüft werden.
Planung und Entwicklung von Fähigkeiten: Um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr unter veränderten klimatischen Bedingungen zu gewährleisten, sind auch entsprechend ausgebildetes Personal, geeignetes Material sowie die dazugehörige Infrastruktur notwendig. Die Folgen des Klimawandels werden daher auch in den entsprechenden Planungsprozessen berücksichtigt. Ein konkretes Beispiel ist das Potenzial synthetischer Kraftstoffe für militärische Mobilität.
Einsatz der Bundeswehr im gesamten Aufgabenspektrum: Ob Landes- und Bündnisverteidigung oder Auslandseinsätze im internationalen Krisenmanagement – der Klimawandel wird sich umfassend auf den Einsatz der Bundeswehr auswirken und muss daher in allen militärischen Planungen berücksichtigt werden. In Sachen Landes- und Bündnisverteidigung beispielsweise müssen die Resilienz der Logistik und der Versorgungsketten auf dem deutschen Staats- und im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebiet und die Rolle der „Drehscheibe Deutschland“ auch während unerwarteten Extremwetterereignissen sichergestellt werden.
Befähigung zivilen und militärischen Personals: Durch an den Klimawandel angepasste Aus-, Weiter- und Fortbildung des militärischen und zivilen Personals wird dafür gesorgt, dass die Bundeswehr ihren Auftrag weiterhin erfüllen kann. Die Bandbreite reicht von militärischer Ausbildung und Übungen unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen bis zur Befähigung des zivilen und militärischen Führungspersonals zu strategischem Handeln unter Berücksichtigung des Klimawandels.
Verteidigungswichtige Infrastruktur: Hafenanlagen, Flughäfen, Energienetze – um einsatzfähig zu sein, braucht die Bundeswehr verteidigungswichtige Infrastruktur. Verteidigungswichtige Infrastruktur muss auch bei zunehmenden Extremwetterereignissen resilient und funktionsfähig sein. Die Infrastruktur muss daher widerstandsfähig gegen die Auswirkungen des Klimawandels aufgestellt werden.
Hilfeleistungen der Bundeswehr im In- und Ausland: Der Klimawandel wird zunehmend Naturkatastrophen im In- und Ausland zur Folge haben. Auch wenn für Hilfs- und Rettungsmaßnahmen primär zivile Stellen zuständig sind, wird die Bundeswehr ihre internen Verfahren zur Hilfeleistung stetig weiterentwickeln.
Zusammenarbeit und Partnerschaften: Den Herausforderungen des Klimawandels für die Sicherheit und Verteidigung wird Deutschland – auf nationaler wie internationaler Ebene – in enger Zusammenarbeit mit Partnern begegnen. Um Synergieeffekte zu erzielen, sollen bestehende Kooperationen gestärkt und neue Partnerschaften geschlossen werden.
Die Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ ordnet sich als politisch strategisches Dokument des Verteidigungsministeriums unterhalb der Verteidigungspolitischen Richtlinien (PDF, 2,0 MB) ein. Sie steht ergänzend neben der „Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie (PDF, 7,1 MB)“ des Ministeriums, welche die nationalen Vorgaben in den Bereichen Klimaschutz, Emissionsreduzierung und Nachhaltigkeit in konkrete Maßnahmen umsetzt.
In Abgrenzung dazu dienen die Maßnahmen der Strategie „Verteidigung und Klimawandel“ dazu, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr als Kerninstrument der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter sich verändernden klimatischen Veränderungen zu gewährleisten. Die Strategie trägt dazu bei, dass Deutschland wehrhaft und resilient ist und nachhaltig handelt. Das Verteidigungsministerium kommt damit auch seiner Verpflichtung nach, die sich aus dem Strategischen Kompass ergibt, dem sicherheitspolitischen Strategiedokument der EUEuropäische Union.
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