Die Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr hat nach Abschluss ihrer Arbeit ihren Bericht an den Bundestagspräsidenten übergeben.
Ein gutes Jahr lang hat die sogenannte „Rühe-Kommission“ überprüft, ob der Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr noch zeitgemäß ist. Nun hat die „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“ unter Vorsitz von Bundesverteidigungsminister a.D.außer Dienst Volker Rühe ihren Bericht vorgelegt.
Das eindeutige Fazit der Kommission: Die Zustimmung des Bundestags soll weiterhin notwendig, der Kampfeinsatz von deutschen Soldaten ohne parlamentarisches Mandat nicht möglich sein. Allerdings empfiehlt die Kommission eine „gesetzgeberische Klarstellung des Einsatzbegriffs“ und eine konsequente Information des Parlaments über die „militärisch multilateralen Verbundfähigkeiten“ der Bundesrepublik – und damit auch über die Zusagen, mit denen Deutschland bei seinen Bündnispartnern in der Pflicht steht.
Seit Jahren gibt es Diskussionen darüber, ob der Parlamentsvorbehalt in Deutschland die Verlässlichkeit der Bundesrepublik insbesondere als NATO-Bündnispartner beeinträchtigt. Dennoch soll es den Parlamentsvorbehalt auch in Zukunft geben. „Es gab aus unserer Sicht keinen Grund die Parlamentsrechte zu beschränken“, sagte Rühe nach der Vorstellung des Berichts in Berlin. Vielmehr sei die Debatte im Bundestag ein wichtiges Instrument, um die Bevölkerung von der Notwendigkeit eines Einsatzes zu überzeugen.
Allerdings sieht die Kommission die dringende Notwendigkeit, darauf zu reagieren, dass die militärische Abhängigkeit der europäischen Staaten und der NATO-Mitgliedstaaten untereinander zunimmt. „Die militärischen Strukturen verändern sich. Nicht jedes Land hat heute noch jede militärische Fähigkeit“, sagte Rühe. Die Aufgabenteilung unter den Bündnispartnern erreiche ein immer größeres Ausmaß. „Die anderen müssen sich auf uns verlassen können“, sagte Rühe. Die Bündnispartner dürften nicht in eine Situation der Handlungsunfähigkeit versetzt werden, weil Deutschland entscheide, sich an einem Einsatz nicht beteiligen zu wollen. Die Bundeswehr sei nicht mehr nur eine „Armee Deutschlands“, sondern stelle zunehmend spezifische Fähigkeiten für Bündnispartner bereit. „Wenn die von unseren Partnern gebraucht werden, können wir nicht zu Hause bleiben“, sagte Rühe. Als Beispiel nannte er das Transportflugzeug A400M. „Wenn alle A400M einsatzbereit sind, wird Deutschland gemeinsam mit Frankreich über 70 Prozent der militärischen Transportflugkapazitäten verfügen. Wir haben dann praktisch das Monopol auf Transport.“
Die Kommission fordert die Bundesregierung deswegen auf, dem Parlament jedes Jahr einen Bericht über die „multilateralen militärischen Verbundfähigkeiten“ der Bundeswehr vorzulegen. Das Papier soll darlegen, auf welche Fähigkeiten der Bundeswehr die NATO-Bündnispartner angewiesen sind. Ziel ist, dass Bewusstsein der Abgeordneten für die militärische Einbindung Deutschlands in das Gesamtsystem NATO zu stärken. Statt auf Vorgaben setzt die Kommission somit auf Aufklärung und Transparenz. „Wir glauben an politische Prozesse“, erklärte Rühe in Berlin.
In die gleiche Richtung zielt der Vorschlag der Kommission ab, die Bundesregierung solle den Bundestag künftig über geheime Einsätze der Bundeswehr informieren – allerdings erst im Nachhinein. Die Bundesrepublik könne es sich „leisten“, dass die Öffentlichkeit von den Einsätzen zum Beispiel der Soldaten des Kommando Spezialkräfte erfahre. Solche umfassenden verpflichtenden Unterrichtungen des Parlaments gibt es bisher nicht.
Die Kommission empfiehlt zudem eine „gesetzgeberische Klarstellung des Einsatzbegriffs“. Es müsse geklärt werden, in welchen Einsätzen typischerweise eine Kampfhandlung nicht zu erwarten sei – und eine Zustimmung des Bundestags somit nicht notwendig. Dazu zählen nach Auffassung der Kommission zum Beispiel Ausbildungsmissionen und humanitäre Einsätze.
Außerdem sprechen sich die Experten dafür aus, dass es in Zukunft keiner parlamentarische Zustimmung mehr bedarf, wenn deutsche Soldaten Funktionen in multinationalen Hauptquartieren oder Stäben der NATO oder EU wahrnehmen – solange diese sich nicht in Gebieten eines bewaffneten Konflikts befinden.
Im September soll der Bundestag über den Bericht diskutieren. „Wir wünschen uns eine intensive Debatte über die Verantwortungsfähigkeit Deutschlands“, sagte Walter Kolbow, Mitglied der Kommission und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung a.D.außer Dienst Die Kommission sei mit ihren Ergebnissen ihrer Zeit voraus.
Der Bundestag hatte die Kommission im April 2014 eingesetzt. Die Experten – darunter General a.D.außer Dienst Wolfgang Schneiderhan und Generalleutnant a.D.außer Dienst Rainer Glatz – sollten einen Vorschlag erarbeiten, wie das Parlament in Zukunft bei der Entscheidung, deutsche Soldaten in den Auslandseinsatz zu entsenden, einbezogen werden soll.
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