Deutschland ist bereit, zukünftig noch mehr sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen. Mehr Verantwortung und klar formulierte Interessen – das ist auch der Anspruch unserer Partner, wie der 2. Weißbuch-Experten-Workshop zu den Perspektiven unserer Partnerschaften und Bündnisse in Brüssel zeigte.
Im Workshop „Perspektiven der Partnerschaften und Bündnisse“ befassten sich Experten aus internationalen Organisationen, Politik, Wissenschaft und Medien in insgesamt drei Podiumsdiskussionen mit den Themen „Entwicklung internationaler Allianzen und Organisationen“, „Deutschlands Rolle und Interessen“ sowie „Erwartungen an Deutschlands Engagement in zukünftigen Missionen“. Durchweg bestand bei den Experten Einigkeit darüber, dass sich das sicherheitspolitische Umfeld in den letzten Jahren verändert habe. Die sicherheitspolitische Lage sei volatiler und insgesamt noch diffuser geworden. Alte sowie neue Risiken und Bedrohungen träten gleichzeitig auf. Dies stelle die etablierten Bündnissysteme vor vielfältige Herausforderungen.
Deutschlands Führungsprinzip des Führens aus der Mitte, erfuhr in dem Experten-Workshop ausgesprochen positive Resonanz. International bestehen, das wurde in den Diskussionen in Brüssel deutlich, klare Erwartungen mit Blick auf die deutsche Rolle in Partnerschaften und Bündnissen.
Daran anknüpfend stellte Ministerin von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede beim abschließenden Kolloquium fest, dass immer, wenn es im internationalen Diskurs um die Rolle Deutschlands ginge, auch die Frage nach deutscher Führung gestellt werde. Hier kristallisiere sich eine deutliche Erwartungshaltung an Deutschland heraus. Die Ministerin bekannte sich in diesem Zusammenhang erneut zum Grundsatz des und dessen zentralen Elementen: zu diesen zähle partnerschaftliches Denken und Handeln, aber auch Überzeugungskraft, die sich auch aus Durchsetzungskraft generieren müsse. bedeute nicht, sich in der Mitte von Partnern schützen zu lassen, sondern als Gravitationszentrum für Entwicklungen und Entscheidungen zu wirken. In letzter Konsequenz müsse damit auch die Bereitschaft verbunden sein, militärische Mittel auch in Konflikten hoher Intensität einzusetzen.
Unter den Experten des Workshops herrschte Einigkeit, dass die NATO sich durchaus schnell auf das neue sicherheitspolitische Umfeld eingestellt habe. Eine Herausforderung sei jedoch die Priorisierung der Bedrohungen im Osten und Süden. Während die Entwicklungen in der Ukraine die klassische Kollektive Verteidigung stärker in den Fokus rückten, bestünden die Instabilitäten im Krisenbogen von Nordafrika bis nach Afghanistan und die damit verbundene Bedrohung für die Sicherheit in Europa fort. Dies erfordere auch weiterhin ein Engagement der NATO im Krisenmanagement jenseits des Bündnisgebietes. Mit Blick auf das zukünftige Aufgabenprofil könne Deutschland eine wichtige Vermittlerrolle und Brückenfunktion zwischen den Mitgliedstaaten in der NATO einnehmen. Denn die Allianz dürfe das eine (Kollektive Verteidigung) nicht zu Lasten des anderen (Krisenmanagement) vernachlässigen. Um seinem Führungsanspruch und der Mittlerrolle gerecht werden zu können, müsse Deutschland auch weiterhin über ein breites militärisches Fähigkeitsspektrum verfügen.
Viele Experten haben klare Erwartungen an Deutschland formuliert.
Auch Deutschlands Rolle in der EU und Europa wurde intensiv diskutiert. Die EU sei einerseits eine Organisation, in der Deutschland als Akteur wirkt. Andererseits könne sie selbst auch ein Akteur sein. Breit diskutiert wurden die Möglichkeiten einer weiter vertieften europäischen Integration in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Grundsätzlich sei eine enge Abstimmung zwischen NATO und EU in der Entwicklung und Teilung von Fähigkeiten und Aufgaben nötig. In ihrer Rede beim Kolloquium sprach sich Bundesministerin von der Leyen erneut für eine schrittweise Vertiefung der Integration im Verteidigungsbereich mit dem Fernziel einer Europäischen Verteidigungsunion aus. Eine Stärkung der EU auf diesem Sektor bedeute stets auch eine Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO, so von der Leyen weiter.
Vielfach wurde im Workshop zudem die Frage nach den Perspektiven und dem zukünftigen Stellenwert von Ad-hoc-Koalition innerhalb und außerhalb bestehender Bündnisse aufgeworfen. Diese Koalitionen böten die Möglichkeit, flexibel und schnell auf Herausforderungen zu reagieren. Größere Flexibilität könne angesichts der Unübersichtlichkeit der Bedrohungen in einigen Fällen zwar von Vorteil sein, stellten aber gleichzeitig eine Herausforderung für bestehende Bündnisse und Partnerschaften dar. Hierbei müsse Deutschland vor dem Hintergrund seiner Interessen und Werte grundsätzlich und auf den Einzelfall bezogen Stellung beziehen, so die mehrheitliche Auffassung im Plenum.
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