Eine Dimension voller Möglichkeiten, ohne Grenzen und hochrelevant für Wirtschaft und Gesellschaft: Der Weltraum gewinnt immer mehr an Bedeutung – Staaten müssen ihre Interessen auch hier aktiv schützen und verteidigen. Das hat Verteidigungsminister Boris Pistorius am 25. September 2025 auf dem Weltraumkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDIBundesverband der Deutschen Industrie) in Berlin nochmals verdeutlicht.
Die Möglichkeiten, die der Weltraum bietet, sind immens – gleiches gilt jedoch für die Bedrohungen, denen Systeme im All ausgesetzt sind. Satellitennetzwerke sorgen dafür, dass wir kommunizieren, reisen und sicher leben können. Sie sind die Grundlage moderner Gesellschaften und damit Teil ihrer kritischen Infrastruktur. „Wer sie angreift, kann ganze Staaten lahmlegen“ betonte Pistorius in seiner Rede.
Hybride Bedrohungen und Sabotageaktionen im Weltraum sind eine neue Realität, auf die sich auch Deutschland einstellen muss. Kommunikation, Erdbeobachtung, Wettervorhersage, Navigation – der Weltraum eröffne viele Möglichkeiten, so Pistorius. Er sei jedoch nicht nur ein Ort der Wissenschaft und Visionen, sondern auch ein Ort, an dem Konflikte und Bedrohungen lauerten. Immer mehr Staaten nutzten ihn, um uneingeschränkt ihren geopolitischen Einfluss auszuweiten.
Wir müssen auch im All für unsere Sicherheit einstehen und wir müssen uns dort auch verteidigen können.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Gleichzeitig wachse die Abhängigkeit vom Weltraum jeden Tag: Binnen weniger Jahre habe die Satellitennavigation den Umgang mit Karte und Kompass in fast allen Bereichen abgelöst, so Pistorius. „Wir alle sind abhängig von Daten, die über den Orbit laufen. Jeder Störversuch, jedes GPSGlobal Positioning System-Jamming, jeder Angriff auf Satelliten betrifft nicht nur das Militär oder die Raumfahrtindustrie – er betrifft Millionen und Abermillionen von Menschen.“
Mit Blick auf Russland und China rief der Minister zur Vorsicht auf: „Im Weltraum gibt es keine Grenzen oder Kontinente. Dort sind Russland und China unsere direkten Nachbarn.“ Die beiden Staaten hätten in den letzten Jahren ihre Fähigkeiten zur Kriegsführung im Weltraum rasant ausgebaut. Sie könnten Satelliten stören, blenden, manipulieren oder kinetisch zerstören. Und der Weltraum bestimmt auch die Gefechtsfelder an Land, zur See und in der Luft. Seine ungehinderte Nutzung ist damit auch ein Schlüsselfaktor für den Erfolg militärischer Gesamtoperationen.
Bereits heute seien Systeme der Bundeswehr von Stör-Angriffen betroffen. Derlei Attacken richteten sich nicht nur gegen die Truppe, sondern gegen Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt, führte Pistorius weiter aus. Denn Logistik, Luft- und Schifffahrt ohne präzise Satellitensignale seien heute kaum denkbar. Ein gestörter Satellit könne bedeuten: Flugzeuge fänden ihre Route nicht, Schiffe gerieten in Gefahr, Banken könnten ihre Transaktionen nicht mehr synchronisieren und der Pizza-Lieferant unseres Vertrauens habe es schwer, die richtige Straße zu finden.
Weltraumsysteme seien heute und in Zukunft die Grundlage unserer wirtschaftlichen Stärke und unseres Wohlstands, so Pistorius. Um Deutschlands Interessen, seine Sicherheit und Freiheit auch im Weltraum zu schützen, brauche es Tempo, einen gesamtstaatlichen Ansatz, Innovation und enge internationale Zusammenarbeit.
Kommunikation, Navigation oder Erdbeobachtung seien gleichermaßen zivile, wirtschaftliche und militärische Fragen. „Der Weltraum hat keine Grenzen, also sollten wir auch keine ziehen, wenn es um unsere gemeinsame Sicherheit geht“, appellierte der Minister. Weltraumsicherheit sei ein gemeinsames Projekt für Politik, Industrie, Forschung und Streitkräfte. „Ohne die Innovationskraft, ohne die Forschung, die Entwicklung, die Produktionskapazität der Unternehmen werden wir im Weltraum nichts erreichen.“ Deutschland könne darüber hinaus im Weltraum nur gemeinsam mit seinen europäischen und transatlantischen Partnern eine glaubwürdige Sicherheitsarchitektur aufbauen.
„Die Konflikte der Zukunft beschränken sich nicht mehr allein auf die Erdoberfläche oder die Tiefsee. Sie werden auch im Orbit offen ausgetragen“, unterstrich Verteidigungsminister Pistorius. Für den Weltraum gelte damit das gleiche wie auf dem europäischen Kontinent: „Frieden und Sicherheit sind keine Selbstverständlichkeiten. Frieden und Sicherheit müssen verteidigt werden.“
Deutschland sei bereit, mehr Verantwortung zu tragen, als Schrittmacher unter den europäischen Nationen. Diese Verantwortung, versprach Pistorius, ende nicht in der Stratosphäre. „Deshalb bauen wir innerhalb der Bundeswehr Strukturen auf, um uns mittel- und langfristig auch im Weltraum wirksam verteidigen und abschrecken zu können. Die Bundeswehr ist ein wichtiger Teil einer gesamtstaatlichen Weltraumsicherheitsarchitektur.“ Gemeint sei eine resiliente Struktur aus Satellitenkonstellationen, Bodenstationen, gesicherten Startfähigkeiten und Services. Ein Gesamtpaket, das Aufklärung, Kommunikation, Schutz und Wirkung gleichermaßen gewährleiste. Allein bis 2030 sollen dafür Haushaltsmittel in Höhe von 35 Milliarden Euro eingesetzt werden.
Konkrete Maßnahmen sind unter anderem:
Diese Architektur solle eine starke deutsche Säule in der NATONorth Atlantic Treaty Organization und für Europa werden und bestehende NATONorth Atlantic Treaty Organization- und EUEuropäische Union-Programme ergänzen. Als Anlehnungsnation stärke Deutschland hierbei den Austausch mit europäischen Staaten und werde auch außereuropäische Partnerschaften und Kooperationen mit befähigten Wertepartnern vertiefen, so Pistorius.
In der Combined Space Operations Initiative entwickelt Deutschland gemeinsam in enger Zusammenarbeit mit Partnern in- und außerhalb Europas die hierfür notwendigen Grundlagen. „Wir planen die Beschaffung neuer Satellitenkonstellationen – zur Frühwarnung, zur Aufklärung, zur Kommunikation. Wir werden auch Dual-Use-Systeme nutzen, also Technologien, die sowohl zivil als auch militärisch einsetzbar sind“, erklärte der Minister. Hier wolle er die Industrie gezielt einbinden: „Wir bauen auf Ihre Expertise!“
Innovationen von kleinen und mittleren Unternehmen wolle er künftig unbürokratisch und frühzeitig fördern – und größere Unternehmen als Systemintegratoren nutzen, um kleine Firmen und Start-Ups einzubinden. „Wir nehmen aber auch gerade marktverfügbare Lösungen in den Blick. Und zwar dort, wo diese technologische Abkürzung Sinn macht.“ Es gehe nicht darum, aus Prinzip alles neu zu entwickeln, sondern in einer ganzen Dimension all das aufzuholen, was zu lange vernachlässigt wurde: „Geschwindigkeit und Pragmatismus werden wir natürlich aber auch mit Innovation verbinden.“
Der Minister machte klar: Deutschland und Europa holen auf – und die Bundeswehr trägt ihren Teil dazu bei. „Wir investieren in Schutz, in Resilienz, in Innovation. Aber wir schaffen das nicht alleine“, unterstrich der Minister zum Ende seiner Rede. Das Vorhaben werde nur dann erfolgreich sein, wenn Politik, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft zusammenarbeiteten: „Wenn wir Vertrauen, Mut und Geschwindigkeit verbinden. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Deutschland und Europa auch im Weltraum stark und sicher bleiben.“
Der BDIBundesverband der Deutschen Industrie-Weltraumkongress
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Der BDIBundesverband der Deutschen Industrie-Weltraumkongress fand nach 2019 und 2023 zum dritten Mal statt – 2025 mit Fokus auf der sicherheits- und verteidigungspolitischen Bedeutung der Dimension Weltraum. Der Kongress vereint Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, darunter hochrangige Regierungsvertreter sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie. |
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