Die Zeitzeugengeneration stirbt zunehmend aus. Das erschwert, die Erinnerungen an die Gräuel der Nazis wachzuhalten. Das Verteidigungsministerium beteiligt sich deshalb an der Kampagne #WeRemember – mit einem Zeitzeugen-Gespräch und deutlichen Worten des Ministers zur Verantwortung der Bundeswehr für Demokratie und Freiheit.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sich im Rahmen der Kampagne #WeRemember mit Zeitzeugen der NSNationalsozialismus-Diktatur getroffen. Die Bundeswehr betrachte es als ihre Pflicht, an die Verbrechen deutscher Soldaten im Nationalsozialismus zu erinnern, sagte er im Bendlerblock. Von dort aus hatte das Oberkommando des Heeres in der NSNationalsozialismus-Zeit nationalsozialistische Verbrechen geplant und befehligt.
Deutschland und seine Bundeswehr haben sich nach den Verheerungen des Nationalsozialismus geschworen, dem Frieden und der Menschlichkeit zu dienen.Verteidigungsminister Boris Pistorius, 24. Januar 2023
„Unsere Soldatinnen und Soldaten verteidigen Freiheit, Demokratie und Menschenrecht“, sagte Pistorius. Jüdisches Leben habe einen festen Platz in der Mitte der Bundeswehr, davon zeuge nicht nur die jüdische Militärseelsorge. „Rassismus und Antisemitismus haben in unseren Reihen nichts verloren“, betonte der Minister.
Als Teil der Kampagne wurde außerdem an eine Außenwand des Bendlerblocks, in dem das Oberkommando des Heeres in der NSNationalsozialismus-Zeit Verbrechen plante und befehligte, bei Dämmerung und Dunkelheit gut sichtbar der Hashtag #WeRemember projiziert.
Die vom Jüdischen Weltkongress ins Leben gerufene internationale Gedenkkampagne erinnert vom 20. bis zum 27. Januar an das Leid und die Verfolgung von Juden in Europa zur Zeit des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. Mehr als eine Million Menschen hatten die Nazis dort ermordet, wie der Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern, in Erinnerung rief. Bei der Befreiung befanden sich noch rund 7.000 Menschen in dem Lager.
Franz Michalski und seine Ehefrau Petra berichteten im Bendlerblock im Beisein des Verteidigungsministers von der dramatischen, monatelangen Flucht des heute 88-Jährigen und seiner Familie vor den Nazis. Nur knapp entging die jüdisch-katholische Familie der Deportation und Ermordung. Als die Gestapo an ihrer Haustür klingelte, flüchteten der damals zehn Jahre alte Franz und seine Familie durch einen Hinterausgang und reisten von Breslau nach Österreich, wo sie Unterschlupf fanden.
Der Zeitzeuge und Überlebende der NSNationalsozialismus-Diktatur Franz Michalski und seine Frau Petra schilderten bei einer Gedenkveranstaltung am 24. Januar 2023 im Verteidigungsministerium in Berlin die Flucht vor den Nazis
Vier der Retter der Familie wurden von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem später als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt und zudem in der Berliner Gedenkstätte „Stille Helden“ geehrt. Das Engagement des Ehepaars in der Erinnerungsarbeit begründete Petra Michalski mit den Worten: „Das ist unser später Dank an unsere Helfer, unsere Helden.“ Unter den Zuhörern waren auch Jugendoffiziere, die sich tief bewegt von den Schilderungen des Ehepaars Michalski zeigten.
Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Mark Dainow, betonte die Bedeutung des Gedenkens. Judenhass, Rassismus und Ausgrenzung seien mit dem Ende des Naziregimes aber nicht verschwunden, sondern hätten wieder zugenommen. Die wehrhafte Demokratie dürfe „keine hohle Phrase sein“, dazu gehöre auch eine gut ausgebildete Bundeswehr.
Der israelische Militärattaché in Deutschland, Frau Oberst Olga Polyakov, wies darauf hin, dass immer weniger Holocaustüberlebende noch am Leben seien. Deutschland und Israel pflegten heute eine „einzigartige Zusammenarbeit“ im militärischen Bereich. Sie hob unter anderem den Austausch von Offizieren hervor.
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