Boris Pistorius hat seinen US-Amtskollegen Pete Hegseth am 14. Juli 2025 in Washington getroffen. Im Fokus der Gespräche standen die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit sowie Vereinbarungen zur nachhaltigen Unterstützung der Ukraine.
Pistorius‘ Aufenthalt in den USA ist der offizielle Antrittsbesuch bei seinem Amtskollegen, der seit Januar US-Verteidigungsminister ist. Pistorius war zuletzt vor einem Jahr in der US-Hauptstadt, als die NATONorth Atlantic Treaty Organization dort ihren Jubiläumsgipfel aus Anlass ihres 75-jährigen Bestehens abhielt.
Mit Blick auf die Ukraine-Unterstützung haben Pistorius und Hegseth über die Lieferung von Flugabwehrsystemen des Typs PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target beraten. Deutschland ist bereit, für den Transfer von zwei Systemen finanziell aufzukommen. Technische, logistische und finanzielle Details seien noch abzustimmen. Klar sei aber, dass es jetzt schnell gehen werde. „Die Stärkung der Luftabwehrfähigkeiten der Ukraine ist ein Schwerpunkt der deutschen Ukraine-Unterstützung. Deutschland und die USA sind nach wie vor die größten Unterstützer der Ukraine“, so Pistorius. Das Land ist weiterhin massiven Bombardierungen und Raketenangriffen ausgesetzt. „Deswegen braucht die Ukraine dringend zusätzliche Luftverteidigungssysteme“, sagte der Minister.
Minister Pistorius kündigte in Washington die Absicht einer möglichen Beschaffung des US-Waffensystems Typhon an. Er habe über die formelle Anfrage Deutschlands – den sogenannten Letter of Request – mit Pete Hegseth gesprochen. „Die Reichweite dieser Waffensysteme ist deutlich größer als die, die wir bislang in Europa haben“, so Pistorius. „Deutschland kann damit seine eigene Verteidigungsfähigkeit steigern und seine Abschreckungsfähigkeit deutlich verbessern – aber auch die Europas.“ Bei Typhon handelt es sich um eine landbasierte Abschussplattform für verschiedene Lenkflugkörper.
Mit weiteren europäischen Verbündeten arbeitet Deutschland im Projekt ELSAEuropean Long-Range Strike Approach an der Entwicklung eines Systems mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, denn angesichts der Bedrohungslage gibt es einen dringenden Bedarf an weitreichenden Abstandswaffen und zum Schließen dieser Fähigkeitslücke Deep Precision Strike. Es wird jedoch weitere sieben bis zehn Jahre dauern, bis die europäische Entwicklung zur Verfügung steht. „Deshalb ist diese Übergangslösung für uns wichtig“, sagte Pistorius mit Blick auf die Beschaffung des US-Systems.
Beraten wurde auch die geplante Verlegung von US-Mittelstreckenwaffen nach Deutschland. Mit den USA wurde vereinbart, dass ab 2026 US-Systeme mit einer Reichweite von bis zu 2.500 Kilometern auf deutschem Boden zeitweise stationiert werden sollen. Auch diese Maßnahme dient der Gewährleistung von konventioneller Abschreckungsfähigkeit, bis die europäische Eigenentwicklung verfügbar ist.
Alle Alliierten bekennen sich uneingeschränkt zur Beistandsgarantie nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages. Angesichts der Bedrohungslage haben sich die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, ihre Fähigkeiten rasch auszubauen. Historisch ist zudem der Beschluss des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfels in Den Haag zur Steigerung der Verteidigungsausgaben.
Die NATONorth Atlantic Treaty Organization muss europäischer werden, damit sie transatlantisch bleiben kann.Boris Pistorius, Verteidigungsminister
Pistorius erklärte in Washington, dass Deutschland und die europäischen Verbündeten als Reaktion auf die Sicherheitslage bedeutende Schritte unternommen hätten, um den europäischen Beitrag innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu stärken. Deutschland habe hier eine europäische Führungsrolle in der NATONorth Atlantic Treaty Organization übernommen. Pistorius betonte auch den unverzichtbaren Beitrag der USA für die europäische Sicherheit: „Die Vereinigten Staaten stehen zum nuklearen Schutzschirm.“
Die deutschen und die US-Streitkräfte arbeiten seit Jahrzehnten sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Das zeigt sich nicht nur bei gemeinsamen Einsätzen und Ausbildungen, sondern auch bei wichtigen Großübungen – zum Beispiel Manövern wie Air Defender oder Steadfast Defender. Die intensive militärische Partnerschaft zwischen Deutschland und den USA basiert auch auf der US-Truppenpräsenz: Deutschland ist mit rund 38.000 amerikanischen Soldatinnen und Soldaten größter Stationierungsort für US-Streitkräfte in Europa.
Pistorius erklärte in Washington, dass es über eine mögliche Anpassung der US-Truppenpräsenz in Europa einen engen Austausch gebe. Entscheidungen hierzu stünden noch aus; sie würden im Herbst erwartet. Pete Hegseth und er stimmten aber darin überein, dass es keinesfalls zu kritischen Fähigkeitslücken in der Verteidigungsfähigkeit Europas kommen dürfe. Klar sei aber, dass sich die USA zukünftig stärker im Indopazifik engagieren würden. Das sei mit Blick auf den freien Welthandel und die Sicherheit der Seehandelswege auch im deutschen Interesse.
Im Anschluss an das Treffen mit dem US-Amtskollegen besuchte Minister Pistorius das US-Unternehmen Raytheon und traf sich zu weiteren politischen Gesprächen mit Angehörigen des US Senats.
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