Die Ukraine-Kontaktgruppe (UDCGUkraine Defence Contact Group) ist am 11. April 2025 im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Hauptquartier in Brüssel zusammengekommen. Bei den Treffen koordinieren die westlichen Partner ihre militärische Unterstützung für die Ukraine – nun erstmals unter dem gemeinsamen Vorsitz von Deutschland und Großbritannien. „Wir haben heute viel auf den Weg gebracht“, zeigte sich Verteidigungsminister Boris Pistorius zufrieden.
Gemeinsam mit seinem britischen Amtskollegen John Healey hat Pistorius das Treffen der UDCGUkraine Defence Contact Group in Brüssel mit einem kurzen Blick auf die Lage in der Ukraine eröffnet. Rund 40 Länder waren bei dem Treffen vertreten, darunter auch die USA. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war per Video zugeschaltet.
Die Ukraine, so Pistorius zu Beginn des Treffens, sei zum Epizentrum eines breiteren Konflikts geworden – eines Konflikts zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen Anerkennung globaler Normen und aggressivem Imperialismus, zwischen Demokratie und Autoritarismus. Mit dem deutsch-britischen Vorsitz der UDCGUkraine Defence Contact Group zeigt Europa, dass es seiner besonderen Verantwortung für die Wiederherstellung von Frieden, Freiheit und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent gerecht wird.
Es geht darum, ob in den internationalen Beziehungen weiterhin die Stärke des Rechts oder das Recht des Stärkeren gilt.Verteidigungsminister Boris Pistorius
Die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine lassen keinen Rückgang der Kampfhandlungen erkennen. Pistorius skizzierte bei dem Treffen zwei denkbare Entwicklungen für die internationalen Beziehungen: friedliche Kooperationen zwischen souveränen und gleichberechtigten Staaten oder eine Welt, in der vermeintliche Imperialmächte Grenzen willkürlich verschieben und Einflusszonen ausdehnen könnten wie in längst vergangen geglaubten Zeiten. „Wir brauchen deshalb weiter eine militärisch starke Ukraine und die braucht unsere Unterstützung. Nur dann werden wir den Weg frei machen können für eine Friedenslösung“, appellierte der Minister in Brüssel.
„Russland darf sich keine Illusionen machen – die Ukraine wird stärker. Dafür müssen und dafür werden wir gemeinsam sorgen”, so Verteidigungsminister Pistorius beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am 11. April in Brüssel. Der Deutsche Bundestag hatte sich zuvor darauf verständigt, ein zusätzliches Finanzpaket für die Ukraine zu schnüren: weitere drei Milliarden Euro für das Jahr 2025 und weitere mehr als acht Milliarden Euro bis 2029. Bis 2029 wird Deutschland also zusätzlich Material im Wert von mehr als elf Milliarden Euro liefern.
Bei seinem Besuch in Brüssel betonte Verteidigungsminister Pistorius, dass Deutschland allein im Jahr 2025 vier IRIS-T-Luftverteidigungssysteme liefern wird. Diese bestehen jeweils aus einem IRIS-T SLM Infra Red Imaging System Tail Surface Launched Medium Range-System mittlerer Reichweite und einem IRIS-T SLSInfra Red Imaging System–Tail/Thrust Vector-Controlled, Surface Launched Short Range-System kurzer Reichweite. Hinzu kommen Lenkflugkörper für diese Waffensysteme. Das Ministerium hatte bereits beim Besuch des ukrainischen Verteidigungsministers Rustem Umerov vor wenigen Wochen drei IRIS-T SLM Infra Red Imaging System Tail Surface Launched Medium Range und IRIS-T SLSInfra Red Imaging System–Tail/Thrust Vector-Controlled, Surface Launched Short Range-Systeme angekündigt. Jetzt kommt also im Jahr 2025 ein viertes IRIS-T-System dazu. Alle vier können 2025 geliefert werden.
Kurz vor seinem Abflug nach Brüssel hatte Pistorius ferner entschieden, dass Deutschland 2025 zusätzlich 30 Lenkflugkörper für die bereits gelieferten PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target-Systeme aus Bundeswehr-Beständen abgeben wird. Darüber hinaus hat Deutschland der Ukraine für 2025 - Stand April - 300 Aufklärungsdrohnen, 25 Schützenpanzer Marder, 15 Kampfpanzer Leopard 1 A5, 14 Artilleriesysteme und einhundert Bodenüberwachungsradare zugesagt.
Für 2025 konnte Pistorius der Ukraine zusätzlich rund 100.000 Schuss Artilleriemunition in Aussicht stellen. Damit wird sich der Gesamtumfang der von Deutschland gelieferten Artilleriemunition im Jahr 2025 auf fast 500.000 Schuss erhöhen. Kurz vor dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel hatte Russland die ukrainische Industriestadt Krywyj Rih angegriffen. Dabei sind viele Zivilisten gestorben, auch Kinder. „Krywyj Rih soll sich nicht wiederholen“, so Pistorius.
Der Verteidigungsminister betonte, es brauche eine militärisch starke Ukraine. Daher plane er, weitere Möglichkeiten der Instandsetzung von Systemen in der Ukraine zu schaffen und Rahmenverträge für Ersatzteile mit der Industrie abzuschließen. Ferner sollen die laufenden Ausbildungsmissionen weiter unterstützt und Lehrgänge für ukrainisches Personal angeboten werden.
Neben der Lieferung von Waffensystemen, Kooperationen und Ausbildung unterstützen die Mitglieder der Ukraine-Kontaktgruppe das angegriffene Land auch dabei, eigene Fähigkeiten aufzubauen. Dafür haben sich die Partner innerhalb der UDCGUkraine Defence Contact Group zu bestimmten Fähigkeitskoalitionen zusammengeschlossen. Bei den monatlichen Treffen wird auch immer über die Fortschritte in den einzelnen Koalitionen gesprochen. „Wir kommen in allen Bereichen deutlich voran“, verkündete Pistorius im Anschluss an das Treffen in Brüssel.
In enger Abstimmung mit der Ukraine und den anderen Partnern hat Deutschland nun eine weitere Fähigkeitskoalition aufgestellt. Ziel dieser neunten Fähigkeitskoalition ist es, die ukrainischen Fähigkeiten in der elektromagnetischen Kampfführung zu verbessern. In diesem immer wichtiger werdenden Feld geht es vor allem um die Sicherstellung der eigenen Kommunikation, die Aufklärung und Störung gegnerischer Kommunikation und Drohnenabwehr. Bereits neun Partner haben sich der Fähigkeitskoalition „Electronic Warfare“ (deutsch: Elektromagnetische Kampfführung) angeschlossen. Die Fähigkeitskoalitionen, so Pistorius, seien keine Einbahnstraße: „Wir profitieren wechselseitig. Die Erkenntnisse, die wir gemeinsam mit der Ukraine aus dieser Fähigkeitskoalition gewinnen, fließen zu uns und unseren Partnern zurück. Auch wir lernen also daraus.“
Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerov dankte den Partnern der UDCGUkraine Defence Contact Group im Anschluss für das produktive Treffen und sprach von einem der größten Unterstützungspakete, die die Ukraine bisher bekommen habe. Insgesamt waren bei dem Treffen Zusagen für Militärhilfen im Wert von mehr als 21 Milliarden Euro gemacht worden.
(Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war nicht klar ersichtlich, welche Materiallieferungen an die Ukraine schon angekündigt waren und welche Lieferungen beim Treffen in Brüssel zusätzlich für 2025 in Aussicht gestellt werden konnten. Daher haben wir den Text am 17. April 2025 überarbeitet.)
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