Rede der Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht anlässlich des Panels Stemming the Illiberal Tide: The Global Challenge of Eroding Democracy auf der 58. Münchner Sicherheitskonferenz am 18. Februar 2022.
Es gilt das gesprochene Wort!
Exzellenzen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
unser Bundespräsident hat es am vergangenen Sonntag – nach seiner Wiederwahl – mit Blick auf Russland und Präsident Putin eindrucksvoll auf den Punkt gebracht:
„Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!“
Der Bundespräsident hat uns – in einem Moment der Anspannung und Sorge – auf die Kraft hingewiesen, die wir haben, weil wir in einer Demokratie leben:
Es ist diese Kraft, die uns bei Bedrohung zusammenhalten lässt.
Angesichts der bedrohlichen Lage an der ukrainischen Grenze und des Drucks auf unsere östlichen Nachbarn sind wir – die demokratischen Staaten – zusammengerückt. Wir handeln mit großer Einigkeit und Geschlossenheit: In der EUEuropäische Union, die nicht nur eine Wirtschafts-, sondern vor allem auch eine Wertegemeinschaft ist. Und in der NATONorth Atlantic Treaty Organization – einer Allianz, die mit militärischer Macht Sicherheit schafft, die ihre eigentliche Stärke aber aus ihren inneren Werten gewinnt:
Meine Damen und Herren,
wenn wir hier in München über Sicherheit sprechen, dann sollten wir nie vergessen: Demokratie gibt uns Kraft und macht uns sicherer. Demokratie schützt – und bedarf selbst des Schutzes. Machtvoll und wehrhaft.
Wie schutzbedürftig die Demokratie ist, zeigt auch eine aktuelle Zahl: Die Analysten des Magazins Economist schätzen, dass weniger als die Hälfte aller Menschen auf diesem Planeten in einer Demokratie leben. Dem gegenüber stehen über 37 Prozent, die in einer Diktatur leben. Deutschland gehört in dieser Studie zu den Ländern in der Kategorie der vollwertigen Demokratien.
Das macht uns natürlich stolz. Aber viel wichtiger ist, dass es uns an unsere eigene Stärke erinnert. – Und an die Verantwortung, die uns Demokratinnen und Demokraten zukommt. Wir müssen uns nicht nur selbst verteidigen können. – Wir müssen auch anderen helfen, die um ihre Freiheit, ihre Selbstbestimmung, ihre Demokratie ringen.
Deutschland als Mitglied der NATONorth Atlantic Treaty Organization engagiert sich für beides: für eine starke Verteidigung und für die Hilfe anderer. Die vielen Auslandseinsätze, die wir mit unseren Partnern absolvieren, bezeugen das eindrucksvoll. Wir in Deutschland wissen nur zu gut, wie zerbrechlich Freiheit, Recht und Frieden sind – nicht nur draußen in der Welt, sondern auch hier bei uns.
Deswegen haben wir unsere Streitkräfte stark gemacht gegen die Feinde der Demokratie – mit einem klaren inneren Wertegerüst: mit der Idee von Soldatinnen und Soldaten, die nicht nur die Freiheit ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger verteidigen, sondern die auch selbst freie Bürgerinnen und Bürger sind.
Ich bin fest entschlossen, diese inneren Werte der Bundeswehr gegen all ihre Feinde zu verteidigen – gegen Rechtsextremisten und Querdenker, gegen Ewiggestrige, gegen geschichtsvergessene Brandstifter und Wirrköpfe.
Die Bundeswehr soll unserer Demokratie Sicherheit geben. Und zu einer starken Bundeswehr gehört eins ganz sicher: dass man die Werte lebt, für die man kämpft.
Meine Damen und Herren,
es gilt auf allen Ebenen: die gesamte Sicherheitspolitik Deutschlands ist ausgerichtet am Zusammenspiel von Sicherheit und Demokratie.
Deswegen werden wir in Zukunft auch die Einsätze der deutschen Streitkräfte gründlich evaluieren. Einerseits, um die militärische Zielerreichung immer wieder zu überprüfen.
Andererseits, um dabei nie aus dem Blick zu verlieren, dass sich die Einsätze auch fest an unseren Werten ausrichten müssen:
Deutschlands Demokratie hat an die Auslandseinsätze seiner Streitkräfte hohe Ansprüche. Wir kämpfen nicht für Prestige und nationale Größe. Wir bilden anders aus als Söldnertruppen, für die der Krieg ein Geschäftsmodell ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten dienen der Demokratie und sind Demokraten – das ist ihre Richtschnur auch beim Einsatz zum Beispiel in Mali. Wir haben deshalb auch sehr genau im Blick, wie sich die Machthaber dort verhalten.
Ja, wir haben ein Interesse an Stabilität und Sicherheit in der Region. Aber wir haben auch ein Interesse daran, denen zu helfen, die Menschenrechte einhalten und Demokratie anstreben.
Meine Damen und Herren,
auch wenn mancher Demokratiefeind glaubt, dass Sicherheit nur auf Macht beruht – wir lassen uns nicht beirren!
Wir wissen, was unser Bundespräsident meint, wenn er von der „Stärke der Demokratie“ spricht. Wir wissen: Macht wird erst durch Werte wirklich stark. – Und Werte sind mächtiger als Waffen allein.
Ich freue mich auf unsere Diskussion!
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