Auf Initiative von Deutschland, Griechenland und der Türkei haben sich die NATO-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen in Brüssel auf eine Mission zur Seeraumüberwachung in der Ägäis geeinigt. Darüber hinaus sprachen sie sich für zusätzliche Maßnahmen zur kollektiven Sicherheit und Abschreckung aus. Hierfür soll unter anderem die Truppenpräsenz im östlichen Bündnisgebiet weiter erhöht werden.
In ihrem Strategischen Konzept von 2010 hat die NATO den transnationalen und illegalen Handel mit Waffen, Drogen und Menschen bereits als eine mögliche Bedrohung des Bündnisgebiets bezeichnet. Der nun beschlossene Einsatz zur Seeraumüberwachung in der Ägäis zielt auf eine Überwachung der Flüchtlingsbewegungen und Schlepperaktivitäten in den Gewässern zwischen Griechenland und der Türkei ab. Deutschland hat sich für eine entsprechende NATO-Mission eingesetzt und war an der notwendigen Einigung zwischen den betroffenen Ländern über die Umsetzung beteiligt.
Nach dem Grundsatzbeschluss wird geprüft, ob die Standing NATO Maritime Group 2, einer von vier ständigen maritimen Einsatzverbänden der NATO, für die Überwachungsmission in der Ägäis eingesetzt werden kann. Die SNMGStanding NATO Maritime Group 2 umfasst derzeit fünf Schiffe und wird aktuell von dem deutschen Flotillenadmiral Jörg Klein auf dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“ geführt. Der Verband befindet sich zurzeit in Zypern und könnte in wenigen Tagen in dem Einsatzgebiet vor Ort sein.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßte den Beschluss und sprach sich während des Treffens für eine schnelle Umsetzung aus: „Entscheidend ist, dass wir jetzt schnell handeln.“ Dazu werden sich nun die militärischen Gremien der NATO mit dem Beschluss befassen und schnellstmöglich einen sogenannten Militärischen Ratschlag erstellen. Dieser ist dann Grundlage für die Entscheidung des Nordatlantikrates der NATO, der den Verband anschließend in das Einsatzgebiet entsendet.
Nach einem weiteren Beschluss der Verteidigungsminister sollen zusätzliche Maßnahmen zur kollektiven Sicherheit und Absicherung des Bündnisgebiets ergriffen werden. Die Militärplaner der NATO sollen in den kommenden Wochen unter anderem einen Vorschlag über eine weitere Truppenverstärkung im östlichen Bündnisgebiet ausarbeiten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in einer Pressekonferenz, dass die Abschreckungslogik der NATO unverändert bleibe. Neben einer direkten Truppenpräsenz sei eine schnelle Einsatzbereitschaft und Verlegefähigkeit der alliierten Streitkräfte im Krisenfall unverzichtbar. In einem unübersichtlichen Umfeld müsse die NATO flexibel und vorbereitet sein, um auf jede Form der Bedrohung des Bündnisgebiets reagieren zu können.
Zahlreiche Mitgliedstaaten haben, so Stoltenberg, ihre Bereitschaft erklärt, eine erhöhte Truppenpräsenz durch Rotationen und Übungen sicherzustellen. Denn, daran ließ der Generalsekretär keinen Zweifel, die Alliierten betrachten einen Angriff auf eines ihrer Mitglieder als Angriff gegen alle und würden als Ganzes reagieren. Die beschlossenen Maßnahmen seien defensiv ausgerichtet und dienten der Abschreckung. Die NATO halte sich an ihre internationalen Verpflichtungen.
NATO-Generalsekretär erläuterte in einer Pressekonferenz die ersten Beschlüsse des Ministertreffens.
Mit der Umsetzung des auf dem Wales-Gipfel 2014 verabschiedeten „Readiness Action Plan“ zeigten sich die Verteidigungsminister zufrieden. Der Plan sieht neben einer stärkeren Truppenpräsenz und Multinationalen Kommandostrukturen im östlichen Bündnisgebiet vor allem den Ausbau der NATO Response Force (NRFNATO Response Force) und die Einrichtung einer neuen Speerspitze vor, die schnell und flexibel einsetzbar ist. Die Implementierung des Plans sei „auf Kurs“, sagte der NATO-Generalsekretär.
In einer gemeinsamen Erklärung stellten die Verteidigungsminister zudem die Anfangsbefähigung der „Initiative zur gemeinsamen Nachrichtengewinnung, Überwachung und Aufklärung“ fest. Die Initiative wurde auf dem Gipfeltreffen in Chicago 2012 ins Leben gerufen und dient dazu, die Informationsgewinnung und Aufklärung der NATO-Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Die JISRInitiative zur gemeinsamen Nachrichtengewinnung, Überwachung und Aufklärung soll die Zusammenarbeit der Soldatinnen und Soldaten im Einsatz sowie der NATO Response Force weiter verbessern.
Ein wichtigen Platz während des Treffens nahmen schließlich der Syrien-Konflikt und die Bekämpfung des „Islamischen Staates“ ein. Alle NATO-Mitgliedstaaten sind nach Generalsekretär Stoltenberg Teil der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz und setzten sich für eine Deeskalation und Lösung des Konflikts ein. Die Verteidigungsminister haben sich nach ihm darauf verständigt, dass die NATO die internationale Koalition stärker unterstützen soll. So könnten etwa AWACSAirborne Early Warning and Control System - Aufklärungsflugzeuge der NATO als Entlastung für Aufklärungsverbände der Mitgliedstaaten eingesetzt werden, damit diese ihre freigewordenen Kapazitäten für den Kampf gegen den IS„Islamischer Staat“ nutzen können. Eine direkte Beteiligung der Allianz sei, so Stoltenberg, nicht vorgesehen.
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