Die NATO setzt gegenüber Russland auf eine Mischung aus Dialog und Abschreckung. Die auf dem NATO-Gipfel in Warschau beschlossene Enhanced Forward Presence sieht die rotierende Präsenz von vier Gefechtsverbänden in Osteuropa vor. Deutschland engagiert sich dabei als Rahmennation in Litauen.
Unter dem Namen Iron Sword 2016 wurde in Litauen vom 21. bis zum 24. November scharf geschossen – und zwar mit großem Kaliber. Im Rahmen der verstärkten Übungstätigkeit im Baltikum übten deutsche und litauische Artilleristen zusammen mit Kameraden aus anderen NATO-Staaten. Die Schießübungen mit der Panzerhaubitze 2000 und dem Raketenwerfer MARS II waren Teil der NATO Rückversicherungsmaßnahmen für Osteuropa, mit denen die Allianz auf die Politik Russlands reagiert.
Parallel zu den diplomatischen Bemühungen demonstriert sie ihre Verteidigungsbereitschaft mit Manövern und dem rotierenden Einsatz von Streitkräften. Ab 2017 wird die Persistent Presence nun zur Enhanced Forward Presence ausgebaut. Die deutsch-litauische Kooperation wird dadurch noch intensiver.
Rückblick: Auf dem NATO-Gipfel in Wales hatten die Mitgliedstaaten 2014 das Konzept der Persistent Presence beschlossen. Auf die damalige Krim-Krise antwortete die Allianz mit dem Readiness Action Plan: Rotierende Einheiten und verschiedene Militärmanöver in Osteuropa sollten ein schnelles sicherheitspolitisches Zeichen setzen. Auch Großübungen wie Dragoon Ride, Anakonda oder Saber Strike waren Teil dieses Ansatzes. Als schnelle Eingreiftruppe stellte die NATO zudem die Very High Readiness Joint Task Force auf – als sogenannte Speerspitze der NATO Response Forceen.
Zwei Jahre darauf, auf dem NATO-Gipfel 2016 in Warschau, einigten sich die Staats- und Regierungschefs dann auf den Aufbau einer verstärkten Vornepräsenz: Bei dieser Enhanced Forward Presence wird jeweils ein multinationaler Gefechtsverband in Bataillonsgröße unter Einhaltung der Bestimmungen der NATO-Russland- Grundakte von 1997 ab 2017 nach Estland, Lettland, Litauen und Polen verlegen.
Die Verbände werden dann regelmäßig ausgetauscht. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf dem Warschauer Gipfel zugesagt, dass Deutschland als Rahmennation die Verantwortung für den Gefechtsverband in Litauen übernimmt. Gleichzeitig unterstützten alle Staats- und Regierungschefs der NATO-Länder nachdrücklich die Umsetzung der Vereinbarung von Minsk: Der Konflikt im Osten der Ukraine soll auf diplomatischem Wegeund mittels Dialog gelöst werden.
Rückversicherung im Baltikum: Mit der Übung Iron Sword demonstriert die NATO ihre Verteidigungsbereitschaft.
Zurück nach Litauen: Im Zuge der Schießübung bildeten deutsche Artilleristen ihre litauischen Kameraden an der Panzerhaubitze 2000 aus. Möglich wurde dieses Übungs- und Ausbildungsprojekt, da Litauen sich zuvor entschlossen hatte, die Panzerhaubitze 2000 einzuführen. Die ohnehin schon enge Zusammenarbeit beider Länder wird mit der Weiterentwicklung von Persistent Presence zur Enhanced Forward Presence und der Aufstellung des Gefechtsverbandes nun noch tiefer.
Bei einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister am 26. Oktober erklärte Ursula von der Leyen: „Wir zehren dabei von den guten Erfahrungen, die wir mit der multinationalen Aufstellung der Speerspitze gemacht haben und werden dementsprechend einen hochwertigen multinationalen Verband in Litauen aufstellen.“
Teile des Panzergrenadierbataillons 122 aus Oberviechtach bilden das erste Kontingent der Rahmennation Deutschland. Im Februar geht es los für die Grenadiere. Während sich Deutschland in Litauen engagiert, beteiligen sich Kanada in Lettland, Großbritannien in Estland und die USA in Polen als Rahmennationen.
Als Ergänzung zu den unter „enhanced Forward Presence“ laufenden Unterstützungsmaßnahmen in den baltischen Staaten und Polen hat die NATO auf dem Gipfel in Warschau im vergangenen Jahr auch die Verstärkung im Südosten des Bündnisgebiets beschlossen.
Die unter dem Namen „tailored Forward Presence“ zusammengefassten Maßnahmen sind auf die Schwarzmeerregion zugeschnitten (tailored). Teil dieser Maßnahmen ist eine unter rumänischer Führung stehende multinationale Brigade. Ihre Aufgabe ist die Intensivierung gemeinsamer Übungen und Ausbildungen von NATO-Einheiten unter der Führung des Hauptquartiers der Multinationalen Division Südost in Bukarest. Die Brigade dient auch als Abschreckung und soll die politische und physische Bereitschaft demonstrieren, das Bündnis zu verteidigen. NATO-Truppen sollen später nicht nur an Land, sondern bald auch auf See und in der Luft präsent sein. Dabei soll die Zahl der Patrouillenflüge über dem Schwarzen Meer erhöht und zusätzliche Marineeinheiten entsendet werden.
Mehrere Nationen haben bereits ihre Unterstützung mit Luft-, Land- oder Seestreitkräften angekündigt. Dazu gehören auch die Bundesrepublik Deutschland, Kanada, die Niederlande, Polen und Großbritannien.