„Zeitenwende/Wendezeiten“ – unter diesem Titel hat die Münchner Sicherheitskonferenz (MSCMunich Security Conference – Munich Security Conference) eine Sonderausgabe des jährlichen Munich Security Reports erstellt. Im Vorfeld des 30. Jahrestags zur Deutschen Einheit präsentierte der MSCMunich Security Conference-Chef, Botschafter Wolfgang Ischinger, den Report zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik am 1. Oktober 2020 in Berlin. „30 Jahre nach der Deutschen Einheit ist die Bundesrepublik Deutschland mit enormen Herausforderungen konfrontiert“, so Ischinger.
In diesem Kontext griff der Vorsitzende der weltweit wohl bedeutendsten Konferenz zu Fragen der Sicherheitspolitik die Initiative von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer nach einem neu aufgesetzten und systematisch ausgebauten Bundessicherheitsrat auf. Ischinger sagte, er halte ein solches, neu konzipiertes Instrument im deutschen Regierungsapparat zur besseren Koordinierung des Regierungshandelns für dringend geboten.
Der nunmehr vorliegende Munich Security Report zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik nimmt die sich dramatisch verändernde außen- und sicherheitspolitische Lage in den Blick. Seit 2014 sind wesentliche neue Herausforderungen in der globalen Politik hinzugekommen. Beispielhaft hob Ischinger die Besetzung der Krim durch Russland, den Konflikt in Syrien, den Brexit, die Entwicklung der chinesischen Außenpolitik und die Flüchtlingskrise hervor. „Dramatischer könnte sich die Welt in diesen Jahren nicht verändert haben“, so der MSCMunich Security Conference-Chef.
Ischinger erinnerte an die Worte des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der 2014 in München erklärt hatte, Deutschland müsse künftig „früher, entschiedener und substanzieller“ Verantwortung in der Welt übernehmen – die damaligen Kabinettsmitglieder, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier, argumentierten ähnlich. Diese Standortbestimmung der Bundesrepublik gilt in der Rückschau als „Münchner Konsens“. Seitdem habe sich in der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik einiges getan, so Ischinger. So habe die Bundesrepublik die Ausgaben für Verteidigung seit 2014 um rund 40 Prozent erhöht. Darüber gibt der Report detailliert Auskunft.
Der MSCMunich Security Conference-Chef sprach von einem „Epochenbruch“ nach 2014, dem sich der neue Report thematisch zuwendet: Die Gleichzeitigkeit, Komplexität und Geschwindigkeit von Krisen mache es immer schwieriger, außen-, sicherheits- und verteidigungspolitisch damit Schritt zu halten. Ischinger wies vor diesem Hintergrund darauf hin, viele der vermeintlich lieb gewonnenen Gewissheiten deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik seien heute keine Gewissheiten mehr. Der Schutz Amerikas habe keine „Ewigkeitsgarantie“ mehr.
Deshalb appellierte er bei der Vorstellung des neuen MSCMunich Security Conference-Reports an den Selbstbehauptungswillen der Europäischen Union und die Wahrung und Durchsetzung ihrer Interessen. Mehr Machtwille als bisher sei dazu nötig. „Europa muss die Sprache der Macht lernen.“ Bei der Entwicklung dieses Machtwillens spiele Deutschland in der Mitte Europas eine zentrale Rolle. Um einen nationalen deutschen Machtanspruch Deutschlands gehe es dabei nicht, unterstrich der langjährige Diplomat. Es gehe nicht um ein „deutsches Europa“, sondern um ein „europäisch handelndes Deutschland“.
Die Sonderausgabe des Munich Security Reports finden Sie hier.
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