Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat Ende Oktober das Kosovo besucht. Neben Gesprächen mit Vertretern des jungen Balkanstaates stand der Kontakt mit den Soldatinnen und Soldaten des deutschen Einsatzkontingents im Fokus.
Empfang mit Militärischen Ehren im Verteidigungsministerium in Pristina.
Eine Mil Mi-8 dürfte in Punkto Komfort der perfekte Gegenentwurf zum feinen Langstreckenjet Global 5000 aus dem Bestand der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung sein. Der betagte Hubschrauber aus sowjetischer Produktion ist innen kaum mehr als ein grauer Blechzylinder mit kargen Stoffsitzen. Der Lärm in der Kabine so infernalisch, dass Unterhaltungen unmöglich sind. Den Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, scheint das nicht weiter zu stören. Und während der Hubschrauber der kroatischen Streitkräfte in geringer Höhe stoisch von Pristina nach Prizren hämmert, schaut Zorn entspannt aus dem Bullaugenfenster.
Sein Tag hat am frühen Morgen in Köln-Wahn begonnen. Es war der Beginn einer eng getakteten Dienstaufsichtsreise ins Einsatzgebiet Kosovo. Zunächst der Empfang am Flughafen in Pristina durch den Kommandeur des deutschen Einsatzkontingents, Oberstleutnant Eric Offermann. Darauf folgten viele Arbeitsgespräche, unter anderem mit dem Kommandeur der Kosovo Security Forces, Generalleutnant Rrahman Rama und dem kosovarischen Premierminister Ramush Haradinaj. Gegen Mittag hatte ihn dann der italienische KFORKosovo Force-Kommandeur Generalmajor Salvatore Cuoci über die aktuelle Sicherheitslage im Kosovo gebrieft.
Beförderung durch den Generalinspekteur.
Die Zeit bis zum Rückflug nach Deutschland ist den Soldatinnen und Soldaten des deutschen Nachkommandos im Feldlager Prizren vorbehalten. Kurz nach der Landung und einem Rundgang durch die Einsatzliegenschaft befördert General Zorn erst einmal einen jungen Hauptmann zum Major. „Sehen Sie, ich bin extra für Ihre Beförderung hergeflogen“, scherzt er und verpasst dem frischgebackenen Stabsoffizier gemeinsam mit Oberstleutnant Offermann den obligaten Schlag auf die Schulter. Danach nehmen die Soldaten Platz, noch etwas befangen zu Beginn. Das ist nicht weiter überraschend, wenn ein Viersterner auftaucht. Aber Zorn bricht das Eis recht schnell.
Etliche der Soldatinnen und Soldaten im Raum verlassen das Kosovo in den nächsten Tagen. General Zorn weiß das. Und er weiß auch, dass KFORKosovo Force in der öffentlichen Wahrnehmung zu Hause seit Jahren keine besondere Aufmerksamkeit mehr erfährt. Er geht zu den Anfängen dieses Einsatzes zurück. „Damals war ich noch ein junger dynamischer Oberstleutnant im Heeresführungskommando. Und wir haben ständig an der Karte gestanden. Wo sind die Vereinten Nationen? Wo sind unsere Leute?“ Lange her. Die Soldaten lächeln, die meisten von ihnen dürften damals noch Schüler gewesen sein.
„Dennoch sehe ich hier eine positive Einsatzentwicklung. Mit unseren Verbündeten haben wir im Kosovo über 19 Jahre für Ruhe und Sicherheit gesorgt.“ Trotz einiger Rückschläge sei dies wichtig für den Wiederaufbau des Landes gewesen, so der Generalinspekteur. „Das ist eine bedeutsame Geschichte, kein vergessener Einsatz.“ Einige der Soldaten nicken, jetzt kommen auch erste Wortmeldungen. Der Rückhalt in der Bevölkerung sei spürbar, berichtet ein Major. Die Leute würden nach gemeinsamen Fotos fragen. Seine Kameraden pflichten ihm bei.
Im Gespräch mit Soldaten des Einsatzkontingents: General Zorn sieht eine positive Einsatzentwicklung.
Bald dreht sich die Diskussion auch um ganz verschiedene Themen. General Zorn möchte wissen, was die Einsatzvorbereitung mit ELSA und ELUSA (einsatzlandspezifische bzw. -unspezifische Ausbildung) bringt. So und so, sagen die Soldaten. Vieles bewähre sich, namentlich auf Ebene der Teileinheiten. Manchem stehen die Soldatinnen und Soldaten kritisch gegenüber. Der Generalinspekteur nickt, ähnliches hat er auch schon aus anderen Einsatzgebieten vernommen. Ein Hauptfeldwebel regt an, die Einsatzvorbereitung landesspezifischer zu gestalten. Und ein Kamerad im selben Dienstgrad, der während einer Reservedienstleistung im Einsatz ist, wünscht sich mehr Sorgfalt beim Wissenstransfer an die Folgekontingente.
Auch die Dauerbrenner Materialausstattung und Personal werden von den Soldaten angesprochen. Der Generalinspekteur verspricht keine Wundertaten. Aber er versichert, dass diese Themen im Ministerium mit erheblichem Nachdruck beackert werden. „Wir brauchen Vollausstattung, Ende“, bringt er die Herausforderung Materialausstattung auf den Punkt. Aber er muss die Soldatinnen und Soldaten auch um Geduld bitten. Die haushälterischen Prozesse und die Liefermöglichkeiten der Industrie könne die Truppe kaum beeinflussen. Bis zum Frühjahr 2019 werden Maßnahmen erarbeitet, die die Ersatzteilversorgung verbessern werden. Beim Personal würden seit drei Jahren Feldwebeldienstgrade und junge Offiziere ausgebildet, die die Truppe in absehbarer Zeit verstärken werden.
Abflug nach Berlin: General Zorn bedankt sich bei Oberstleutnant Eric Offermann, dem Kontingentführer.
In einem Punkt wird der Generalinspekteur gegen Ende seines Besuchs sehr deutlich. „Wir haben eine Vielzahl von Beispielen für Überregulierung und Bürokratie in der Truppe. Das ist häufig hausgemacht. Das Schöne ist, wir haben es selbst in der Hand, es einfacher zu gestalten. Dem gehe ich nach.“ Auch dafür suche er den unmittelbaren Kontakt zur Truppe. Er ermuntert dazu, entsprechende Anregungen an sein Büro zu schicken. „Wir bekommen viele gute Vorschläge auf diesem Weg.“
Kurz darauf setzt sich der Konvoi des Generals wieder in Bewegung. Hubschrauberflug nach Pristina, Rückflug nach Berlin. Wie war der Eindruck der Soldaten von der Visite ihres Generalinspekteurs? „Sehr gut“, sagt ein Hauptfeldwebel der Feldnachrichtentruppe. „Ein gutes, offenes Gespräch. Man fühlt sich wahrgenommen.“
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