Das Jahr 2017 ist ein weiteres Jahr der Positionsbestimmungen und Entscheidungen in der Europäischen Verteidigungspolitik. Die Europäisierung der Streitkräfte ist ein Ziel, das die Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren darf. Diese Auffassung hat kürzlich der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, vertreten.
Gesellschaftspolitisch stehen die Chancen für die weitere Umsetzung so gut wie lange nicht. „Das Thema ist populär“, so Bartels. Von einer wachsenden Zahl von Bürgerinnen und Bürgern in den europäischen Gesellschaften wird das Ziel unterstützt.
Hans-Peter Bartels ist seit Mai 2015 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages.
Bartels sieht die Europäisierung der Streitkräfte als ein großes Integrationsprojekt.
Die Soldatinnen und Soldaten der europäischen und transatlantischen Partner kooperieren schon jetzt in vielen Bereichen eng, so berichtet Bartels aus persönlichen Begegnungen bei seinen Besuchen. In Manövern und Einsätzen sind sie mit dem Thema Kooperation sehr vertraut.
Bartels sieht die Zeit gekommen für die Vision einer Europäischen Armee. Diese soll dazu dienen, die richtige Richtung in die europäische Zukunft der Streitkräfte einzuschlagen. Mit der neuen Globalen Strategie und den daraus folgenden Beschlüssen hätten die Institutionen der Europäischen Union den Weg für eine europäische Verteidigungsunion und das langfristige Ziel einer europäischen Armee geebnet, so Bartels. Jetzt gelte es, diesen Weg auch konsequent zu gehen.
Das sagte Bartels bei einem Diskussionsforum in Berlin, das kürzlich von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und der Friedrich-Ebert-Stiftung anlässlich der Vorstellung des Buches „Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas“ veranstaltet wurde. Bartels sowie Anna Maria Kellner, Referentin für Europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, und Uwe Optenhögel, Politikwissenschaftler und Leiter des Europabüros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel, haben diesen Titel herausgegeben.
Das Erscheinen dieses Kompendiums nahm Géza Andreas von Geyr, Abteilungsleiter Politik im BMVgBundesministerium der Verteidigung, zum Anlass, auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen für die Bundeswehr hinzuweisen. Dies sind die Zeiten, in denen „Europa den Willen zur sicherheitspolitischen Relevanz“ zeigen muss, so von Geyr. Die globale Sicherheitslage mit einer noch nie dagewesenen Zahl gleichzeitig über uns hereinbrechender Krisen verlange diesen europäischen Willen.
Géza Andreas von Geyr leitet seit 2014 die Abteilung Politik im Bundesministerium der Verteidigung.
„Wir werden wachsen müssen“, so von Geyr. „Wenn wir wachsen, muss das europäisch geschehen.“ Das Weißbuch 2016 der Bundesregierung betone diesen essentiellen Ansatz deutschen Regierungshandelns im Bereich Verteidigung ausdrücklich. Nach Jahrzehnten des Schrumpfungsprozesses bei der Bundeswehr markierten die Trendwenden Personal, Material und Finanzen die Meilensteine auf dem Weg hin zu mehr sicherheitspolitischer Verantwortung Deutschlands in der Welt. Dieses Vorgehen trage der international neuen Rolle Deutschlands, die mit dem Münchner Konsens 2014 formuliert worden war, Rechnung. Im europäischen Miteinander sei „viel in Bewegung geraten“.
Rahmennationenkonzept, kurz PESCOPermanent Structured Cooperation, Schritte der Europäer hin zu einer kohärenteren Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Europäische Kommandozentrale und die diversen Kooperationen im Geflecht des bi- und multinationalen Miteinanders wurden als Beispiele genannt.
Von Geyr machte klar: „Wir werden zukünftig unsere Sicherheitsinteressen auf unserem Kontinent nur wahren können, wenn wir uns enger zusammenschließen.“ Im internationalen Beziehungsgeflecht gelte es für die europäische Verteidigung, „transatlantisch zu bleiben aber europäischer zu werden“ und darüber hinaus die Partnerschaften mit Nordafrika, den Golfstaaten und dem Nahen und Mittleren Osten weiter zu intensivieren.
Von Geyr zeigte sich zuversichtlich: Noch nie zuvor sei der politische Rückhalt für die Durchsetzbarkeit der Europäisierung der Streitkräfte größer gewesen. So im Europäischen Parlament ebenso wie in der Europäischen Kommission. Und schließlich auch in den Nationalstaaten und darüber hinaus in der Allianz: „Die NATO will eine starke europäische Verteidigung.“
Zwischen EU und dem transatlantischen Bündnis gebe es mittlerweile rund fünfzig Kooperationsprojekte . Beide Organisationen wüssten, dass ein engeres sicherheits- und verteidigungspolitisches Zusammenrücken der Europäer nicht in Konkurrenz, sondern komplementär zur NATO gestaltet würden. Westafrika rund um Mali beispielsweise sei eine Region, in der sich die Allianz absehbar nicht engagieren werde, dessen Stabilität aber zweifellos im engen Sicherheitsinteresse Europas sei.
Wie aber soll die Zukunft der europäischen Verteidigung aussehen? Von Geyr beantwortet diese Frage sehr klar: Im Kern gehe es um eine Europäische Verteidigungsunion. Statt von einer „Europäischen Armee“ als Ziel spricht er lieber von „einer Armee der Europäer“, bei der nationale Souveränitäten zunächst erhalten bleiben. Auf dem Weg hin zur Europäischen Verteidigungsunion gehe es derzeit bereits ganz konkret darum, dass sich die Partner besser organisierten, mehr investierten und insgesamt effizienter würden.
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