Das Bundeskabinett hat einen aktuellen Grundsatzbeschluss zur Deutschen Nachhaltigkeitstrategie (DNS) gefällt. Ihr ganzheitlicher, integrativer Ansatz betrifft auch alle Ministerien. Ministerialrätin Peggy Staffa ist die Beauftragte für Nachhaltige Entwicklung im Verteidigungsministerium und spricht über Handlungsmöglichkeiten und Ziele.
Ministerialrätin Peggy Staffa ist die Beauftragte für Nachhaltige Entwicklung im Verteidigungsministerium
Frau Staffa, im Kontext „Nachhaltigkeit“ denkt man landläufig häufig nicht als erstes an Streitkräfte. Warum greift das möglicherweise zu kurz oder anders: Wie definieren Sie Ihre Rolle als Beauftragte für Nachhaltige Entwicklung?
Ich sehe meine Rolle als Beauftragte darin, das Handlungsprinzip Nachhaltigkeit in unseren großen Geschäftsbereich hineinzutragen, vom Ministerium über die Truppe im In- wie im Ausland bis hin zu unseren Beteiligungsgesellschaften. Handlungsprinzip sagt es schon aus, es ist eben keine Fachaufgabe, welche nur Wenigen, den fachlich Zuständigen obliegt. Sondern Nachhaltigkeit ist eine Haltung, eine Einstellung. Das geht uns alle an.
Die Leitlinien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie sind weit gefasst: Von Generationengerechtigkeit über Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt bis zur internationalen Verantwortung. Wo stecken die Berührungspunkte mit der Bundeswehr?
Es gibt keine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit. Ich verstehe diesen Begriff weit. Letztlich geht es um einen maximal schonenden Ressourceneinsatz, so dass auch kommende Generationen leben und arbeiten können, wie wir es heute können.
Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 globalen Nachhaltigkeitszielen, den Sustainable Development Goals (SDGs), beinhaltet u.a. das Ziel 16: „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“, was uns naturgemäß besonders am Herzen liegt. Auch die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie knüpft an dieses Ziel an und nennt Frieden, Achtung der Menschenrechte, Sicherheit und starke Institutionen als Leitbild für das Handeln der Bundesregierung.
Daraus folgt ganz logisch: Die Bundeswehr sorgt im Rahmen ihrer Auftragserfüllung im In- und Ausland für Frieden und Sicherheit und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Denn nur in Frieden und Sicherheit kann Nachhaltigkeit gelebt werden.
Wo sehen Sie konkrete Handlungsmöglichkeiten im Geschäftsbereich BMVgBundesministerium der Verteidigung?
Konkrete Handlungsmöglichkeiten sind mehr als Energie- und Emissionseinsparung; wir müssen den Blick auf alle Handlungsfelder, auf alle SDGs weiten. Nachhaltigkeit ist mehr als Umwelt- und Klimaschutz. Potentiale sehe ich u.a. in den Bereichen Infrastruktur mit unseren knapp 1.500 Liegenschaften, Fuhrpark und Mobilität, aber auch im nachhaltigen Personaleinsatz unserer über 260.000 Bundeswehr-Angehörigen. Selbstverständlich werden wir alle Handlungsfelder kontinuierlich auf entsprechende Handlungsmöglichkeiten durchleuchten.
Welches dieser Handlungsfelder werden Sie zuerst angehen?
Grundsätzlich habe ich natürlich alle Handlungsfelder im Blick. Als Nachhaltigkeitsteam – wir sind zu viert, zwei Frauen und zwei Männer - widmen wir uns aktuell zwei Kernaufgaben. Zum einen der „Sensibilisierung und Einbindung aller Mitarbeitenden“ und zum anderen der „Verankerung des Ziels Nachhaltigkeit im strategischen Zielsystem der Leitung“. Das bedeutet: Jede Abteilung im Ministerium und die Leitungen im nachgeordneten Bereich vereinbaren mindestens ein Nachhaltigkeitsziel, das auf die Erfüllung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie einzahlt. Ich bin besonders gespannt, welche konkreten Vorschläge von den Teilstreitkräften kommen. Diese konkreten Nachhaltigkeitsziele werden mit Kennzahlen unterlegt. So werden sie messbar und die Nachhaltigkeit verbindlich. Über Kennzahlen und auch über Meilensteine erfolgt eine Operationalisierung dieser Ziele. Beim Ziel Klimaneutralität bis 2045 und die Reduzierung von CO2Kohlendioxid-Emission um 65 % bis 2030 haben wir verbindliche gesetzliche Vorgaben - dafür brauchen wir natürlich Milestones.
Widersprechen sich militärische Auftragserfüllung und Nachhaltigkeit nicht?
Ganz im Gegenteil: Bei der Erfüllung unseres Auftrags ist das Handlungsprinzip der Nachhaltigkeit in der täglichen Arbeit im gesamten Geschäftsbereich konsequent mitzudenken. Dies darf und muss noch konsequenter als bisher geschehen. Deshalb ist es mein Auftrag als Beauftragte für Nachhaltigkeit, die nachhaltige Entwicklung im Verteidigungsressort und in der Bundeswehr voranzubringen. Sie betrifft in unserem Geschäftsbereich vorrangig neun Handlungsfelder: Mobilität, Infrastruktur, Personal, Beschaffung und Konsum, Umwelt- und Naturschutz, Gesellschaft, Gesundheit und Verpflegung, Digitalisierung, Frieden und Sicherheit. In diesen Handlungsfeldern werden die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 über die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie in der Bundeswehr umgesetzt. In dem Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Bundeswehr sind alle Fachbereiche im Geschäftsbereich gefordert und aufgefordert, Maßnahmen zur Zielerreichung auf der operativen Ebene zu initiieren und umzusetzen. Es ist dabei von besonderer Bedeutung, das Prinzip des nachhaltigen Handelns sowie das Klimabewusstsein bei allen Beschäftigten des Geschäftsbereiches zu fördern und damit eine dauerhaft zukunfts- und einsatzfähige Bundeswehr zu gewährleisten.
Wie können wir gemeinsam Verbesserungspotentiale in der Truppe nutzen?
In sämtlichen Handlungsfeldern der Nachhaltigkeit gibt es sicherlich Aspekte, die wir gemeinsam noch besser machen können. Nachhaltige Entwicklung ist ein fortlaufender Prozess, der sich nicht auf einzelne Bereiche beschränkt. Hier ist Kreativität und Tatendrang gefragt. Beides darf sich dynamisch entwickeln – vor Ort in den verschiedensten Bereichen. Diese Beispiele werde ich mir ansehen und transparent in unseren Geschäftsbereich tragen. Nachahmung ist dabei ausdrücklich erwünscht!