Im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) beteiligt sich die Europäische Union (EU) mit zivilen und militärischen Instrumenten an der internationalen Krisenprävention und Krisenbewältigung. Dabei kommen Soldaten, Polizisten und zivile Experten aus allen Mitgliedstaaten zum Einsatz.
Seit Gründung der GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik wurden insgesamt 34 EU-Missionen und Operationen durchgeführt. Mit der ersten Mission „EUFOR Concordia“ in der heutigen Republik Nordmazedonien hat sich die EU 2003 als wichtiger sicherheitspolitischer Akteur etabliert.
In den GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen und -Operationen wird eine Kombination aus verschiedenen Instrumenten genutzt, die es der EU erlauben, effizient und schnell im Krisenmanagement zu agieren. Das Ziel besteht darin, auf externe Krisen und Konflikte zu reagieren, Fähigkeiten von Partnern zu stärken und EU-weit für Frieden und Stabilität zu sorgen. Der in der EU-Globalstrategie von 2016 entwickelte „Integrierte Ansatz“ definiert vier Prinzipien.
Die Europäische Union bedient sich neben militärischen Mitteln auch ziviler Instrumente aus den Bereichen Diplomatie, Unterstützung der Menschenrechte, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe.
Der „Integrierte Ansatz“ ist Stärke und Alleinstellungsmerkmal der EU als außen- und sicherheitspolitischer Akteur. Zur Umsetzung des „Integrierten Ansatzes“ wurde im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) die neue Direktion „Integrated Approach for Security and Peace“ gebildet, die eine zentrale Rolle in der Ausgestaltung von GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen und -Operationen spielt. Die EU bedient sich dabei neben militärischen Mitteln auch ziviler Instrumente aus den Bereichen Diplomatie, Unterstützung der Menschenrechte, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. Auch bei den rein militärischen Missionen und Operationen spielen zivile Komponenten des Konfliktmanagements eine entscheidende Rolle, denn nur durch einen umfassenden Ansatz können Länder und Regionen nachhaltig stabilisiert und Konflikte dauerhaft gelöst werden. Zusätzlich dazu zeichnen die EU besonders die finanziellen und wirtschaftlichen Instrumente im Krisenmanagement aus - dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit Sanktionen zu verhängen. Insgesamt verfügt die EU dank ihres großen zivil-militärischen „Werkzeugkastens“ über eine umfassende Herangehensweise im Konflikt- und Krisenmanagement.
Insgesamt liegt die besondere Stärke der EU in ihrer Fähigkeit, über viele Politikfelder hinweg vernetzt analysieren und handeln zu können: Die Bandbreite aus zivilen und militärischen Fähigkeiten der EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) ist ein Alleinstellungsmerkmal, das mit dem sinnvollen Zusammenwirken von Maßnahmen der Diplomatie, der Wirtschafts-, Finanz-, Energie- und Entwicklungspolitik sowie von Instrumenten aus den Bereichen Inneres, Justiz, Forschung sowie Digitalisierung seine einzigartige Wirkung entfalten kann.Zitat aus dem Weißbuch von 2016
Internationale Trainer bilden malische Soldaten im Kurs Elément Tactique Interarmes (ETIA) im Koulikoro Training Center im Rahmen der Mission EUTMEuropean Union Training Mission Mali aus,.
Entscheidungen zur Durchführung einer GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Mission oder -Operation basieren auf einem Ratsbeschluss, der mit der Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten getroffen wird. Eine GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Mission oder -Operation steht im Einklang mit dem Völkerrecht sowie den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) und wird eng mit dem Land abgestimmt, in dem der Einsatz stattfindet. In den Entscheidungsprozess werden immer auch die sicherheitspolitischen Interessen der EU einbezogen. Gleichzeitig stimmt die EU ihr Vorgehen in Krisenregionen eng mit anderen multilateralen Organisationen wie der NATO, der Afrikanischen Union und den VN ab und koordiniert sich mit deren Kräften vor Ort.
Die Bereitstellung von zivilen und militärischen Kräften, Fähigkeiten und Ausrüstung durch die EU ist ein politischer Prozess. Die EU ist auf die Beiträge ihrer Mitgliedstaaten angewiesen, da sie nicht über eigene Kräfte verfügt. Das Verfahren zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte richtet sich dementsprechend nach den nationalen Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten. Für die Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte in einen mandatierten EU-Einsatz ist die Zustimmung des Deutschen Bundestages erforderlich („Parlamentsarmee“).
Die EU führt zurzeit drei militärische Operationen und drei militärische Ausbildungsmissionen zu Land und zur See durch. Ein Beispiel für einen militärischen EU-Einsatz ist die „EU Training Mission in Mali“, kurz EUTMEuropean Union Training Mission Mali. Die Mission soll einen Beitrag leisten, die malischen Soldaten dazu zu befähigen, für die Sicherheit in Mali eigenständig zu sorgen. Deutschland ist einer der wesentlichen Truppensteller der Mission und hat bereits mehrmals, wechselweise mit anderen Mitgliedstaaten, die Leitung der Mission übernommen, an der rund 25 Nationen beteiligt sind.
Die Strukturen und Prozesse zur Durchführung der militärischen GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen/Operationen sind vielschichtig. Die politische Kontrolle und strategische Leitung wird durch den Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSKPolitisches und Sicherheitspolitisches Komitee) sowie das EU Militärkomitee (EU MCEU Militärkomitee) ausgeübt. Bei der zuständigen Führungsstruktur wird zwischen Operationen mit Exekutivmandat und Missionen ohne Exekutivmandat unterschieden.
Bei einer GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Operation (mit Exekutivmandat) können unter anderem Regierungs- oder Exekutivaufgaben übernommen werden, um eine Regierung zu unterstützen oder eine fehlende Staatsgewalt zu vertreten. Dies wird durch ein Mandat des VN-Sicherheitsrats ermöglicht. Solche Operationen werden zurzeit durch ein – von den EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestelltes – Operationshauptquartier sowie in Kooperation mit der NATO („Berlin-Plus“) geführt. Die EU führt aktuell drei GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Operationen durch: EUNAVFOREuropean Union Naval Forces MEDMediterranean Irini im Mittelmeer, EUNAVFOREuropean Union Naval Forces Atalanta in Somalia und EUFOREuropean Union Force ALTHEA in Bosnien und Herzegowina.
Fakten und Zahlen - EUTMEuropean Union Training Mission Mali | |
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Beginn | Januar 2013 mit dem Ratsbeschluss 2013/34/GASPGemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik |
Größe | Über 600 Soldaten aus 27 europäischen Ländern (davon 5 EU Partnerländer) |
Sitz | Bamako, Mali |
Mandatsaufgaben | 1. Ausbildung und Beratung des malischen Militärs 2. Verbesserung des militärischen Ausbildungssystems 3. Training und Beratung der Hauptquartiere der gemeinsamen Einsatzgruppe G5-Sahel-Staaten |
Website |
Eine GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Mission (ohne Exekutivmandat) konzentriert sich wiederum auf Aufgaben wie Kapazitätsaufbau, Mentoring, Überwachung oder Ausbildung. Die EU führt aktuell militärische Trainingsmissionen in Mali, Somalia und der Zentralafrikanischen Republik durch. Solche Missionen werden durch die 2017 in Brüssel eingerichtete militärische Planungs- und Führungsfähigkeit (MPCCMilitary Planning and Conduct Capability) geführt. Erfolge in der Führung der EU Trainingsmissionen durch das MPCCMilitary Planning and Conduct Capability haben die Mitgliedstaaten dazu veranlasst, den Verantwortungsbereich dieses Stabes auszubauen. Ende 2020 soll das MPCCMilitary Planning and Conduct Capability in der Lage sein, neben allem militärischen GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen zusätzlich eine GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Operation bis zu der Größe eines EU Gefechtsverbands (EU Battlegroup) zu planen und zu führen.
Die von der Europäischen Union geführte Mission EUCAPEU Capacity Building Mission Somalia ist eine zivile, nicht-exekutive Mission zum Aufbau ziviler maritimer Sicherheitskapazitäten der somalischen Regierung am Horn von Afrika.
Die EU engagiert sich zudem aktuell in zehn Missionen in der zivilen Krisenbewältigung in Partnerländern. Dazu gehören Polizeimissionen, Missionen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, der Zivilverwaltung und zum Katastrophenschutz. Seit Januar 2003 stehen bis zu 5.000 Polizistinnen und Polizisten für Einsätze im internationalen Krisenmanagement zur Verfügung, zivile Expertinnen und Experten beraten Organisationen, Behörden und Verwaltungen.
Ein Beispiel ist die EU-geführte zivile Mission „EUCAPEU Capacity Building Mission Somalia“: Hier unterstützt die EU das Land am Horn von Afrika beim Ausbau seiner maritimen zivilen Strafverfolgungskapazitäten. Der Fischfang soll überwacht und Schmuggel sowie Piraterie sollen verhindert werden. Die somalische Regierung wird bei der Ausarbeitung der erforderlichen Rechtsvorschriften und bei der Verstärkung der Strafverfolgung im maritimen Bereich unterstützt und Ausbildung sowie Ausrüstung werden bereitgestellt.
Fakten und Zahlen - EUCAPEU Capacity Building Mission Somalia | |
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Beginn | Januar 2012 als EUCAP NestorRegional Maritime Capacity Building for the Horn of Africa and the Western Indian Ocean, ab Dezember 2016 Fokus auf Somalia und Somaliland |
Größe | 103 Angestellte aus 19 EU Mitgliedstaaten |
Sitz | Mogadishu, Somalia |
EUCAPEU Capacity Building Mission Somalia ist der zivile Teil des integrierten Ansatzes der EU in Somalia, zusammen mit den GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen EUNAVOR Atalanta und EUTM Somalia. | |
Mandatsaufgaben | 1. Unterstützung der maritimen Polizei in und um die Häfen von Bebera, Bosasso, Mogadishu und Kismayo |
Website |
Am 19. November 2018 haben der Rat und die Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen (PDF, 344,1 KB) zur Schaffung eines Pakts für die zivile GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik verabschiedet. Diese beinhalten die Festlegung strategischer Leitlinien sowie 22 politische Verpflichtungen. Ziel ist es, die Fähigkeiten der EU in zivilen Krisenbewältigungsmissionen zu stärken. So haben sich Rat und Mitgliedstaaten auf einen höheren Beitrag zu zivilen GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen und die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit geeinigt. In Anlehnung an die militärischen Führungsstrukturen werden alle zivilen GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik-Missionen durch den zivilen Planungs- und Führungsfähigkeit (CPCC) im EAD geführt.
Durch die seit 2003 im Rahmen der GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik durchgeführten zivilen und militärischen Missionen und Operationen ist die EU heute ein wichtiger Akteur im internationalen Konflikt- und Krisenmanagement. Aktuelle Reformen und Initiativen dienen dazu, die Handlungsfähigkeit und Effizienz der GSVPGemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken, die ambitionierten Ziele der EU umzusetzen, um somit einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Sicherheit und Stabilität zu leisten.