Piraterie ist auf den internationalen Seewegen nach wie vor eine Bedrohung. Südlich von Europa gibt es zwei gefährliche Zonen: den Golf von Guinea und das Horn von Afrika.
Soldaten bei der Seeraumüberwachung
Die „Aris 13“ dampfte im März 2017 von Dschibouti nach Mogadischu. Ein internationaler Marineeinsatz hatte die Seewege der Region in den letzten Jahren immer sicherer gemacht. Die Crew des Öltankers war arglos. Ein Trugschluss: Am 13. März kaperten mutmaßliche Piraten das Schiff vor der Küste Somalias und hielten die acht Besatzungsmitglieder tagelang fest. Erst nach langen Verhandlungen zwischen Beamten der autonomen Region Puntland und den Entführern gaben letztere den Tanker wieder frei.
Der Vorfall war der erste gelungene Übergriff von Piraten am Horn von Afrika seit 2012. Fraglich bleibt, ob die Crew der „Aris 13“ die Selbstschutzmaßnahmen anwandte, die für die zivile Handelsschifffahrt in dieser Region immer noch dringend empfohlen sind. So oder so: Der Einzelfall belegt, dass die Gewässer Ostafrikas noch immer nicht zu 100 Prozent sicher sind.
Einen Überblick wahrt das International Maritime Bureau, eine spezialisierte Abteilung für Kriminalität auf See der Internationalen Handelskammer ICC mit Sitz in London. Seine Statistiken belegen zwar, dass die Zahl der kriminellen Übergriffe auf Schiffe in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist. 191 Vorfälle wurden 2016 gemeldet – und damit weniger als in den vorausgegangenen zehn Jahren.
Doch die Piraten haben ihre Vorgehensweise verändert: In Bezug auf Freiheitsdelikte verzeichnen die Zahlen für 2016 einen beunruhigenden Rekord. 151 Seeleute wurden im vergangenen Jahr Opfer von Geiselnahmen, in 62 sogar entführt. Hintergrund: Die Täter haben Lösegelder als lukrative Einnahmequelle entdeckt. Sie schrecken dabei auch vor extremer Gewalt nicht zurück.
Das Containerschiff verlässt den Hafen.
Im Golf von Guinea operieren Piratengruppen mit unterschiedlichen Vorgehensweisen und Zielen. Zumeist haben es die Täter auf Waren und Wertgegenstände an Bord abgesehen. In anderen Fällen entführen sie Schiffe für kurze Zeit, um die Ladung an Land zu schaffen. Eine Methode, die weitreichende logistische Strukturen erfordert. Auch Entführungen von Seeleuten werden gemeldet. Oder der Diebstahl gleich von ganzen Schiffen.
Generell legen die Täter in dieser Region eine hohe Gewaltbereitschaft an den Tag. Bei ihren Überfällen benutzen sie Speedboote, operieren aber in der Regel von Mutterschiffen aus. Entführungsopfer bringen sie aber zumeist an Land. Entführte sind häufig ausländische Mitarbeiter von Off-Shore-Anlagen der Ölindustrie.
Konsequente Patrouillen der Sicherheitsbehörden vor allem von Benin und Nigeria haben zwar zu einem Rückgang der Überfälle vor deren Küsten geführt – die Gefahr gilt aber nicht als gebannt.
Seeräuberei vor der Küste Somalias, im Golf von Aden und im Roten Meer wird in der Regel somalischen Piraten zugeschrieben. Sie operieren mit Speedbooten von Mutterschiffen aus und sind Sturmgewehren und Panzerfäusten bewaffnet. Vornehmlich verschleppen sie Besatzungsmitglieder für Lösegeldforderungen an Land. Das International Maritime Bureau registriert 2016 für die Region Ostafrika insgesamt fünf versuchte und erfolgreiche Überfälle.
Die Zahl ihrer Übergriffe ist seit einigen Jahren rückläufig. Gründe sind die Präsenz von Kriegsschiffen der EU und anderer vor der Küste Ostafrikas, der Einsatz privater Sicherheitsteams auf Handelsschiffen und den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Regierung Somalias zu stabilisieren.
Die gegenwärtige und weltweite Bedrohung für Seefahrer ist international anerkannt. 1994 trat das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen in Kraft, dessen Artikel 101 „Definition der Seeräuberei“ beschreibt, was die Unterzeichnerstaaten unter Piraterie verstehen. Bis 2016 haben es bereits 167 Länder, darunter auch Deutschland, ratifiziert. |
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