Armut, Gewalt und Korruption zählen zu den gravierendsten Krisentreibern in den fragilen Staaten Afrikas. Die internationale Staatengemeinschaft sieht sich Flüchtlingsbewegungen, Anarchie und der Bedrohung terroristischer Gruppen gegenüber. Besserung ist in vielen Brennpunkten nicht in Sicht.
In vielen Staaten der Welt ist ein Kreislauf aus Armut, Unterdrückung und Gewalt zu beobachten, der nur schwer zu durchbrechen ist. Früher nannten Experten diese Länder „Failed States“, also gescheiterte Staaten. Heute benutzen sie vorwiegend den Begriff „Fragile State“, schwache, zerbrechliche Staaten. Geprägt hat ihn die NGONichtregierungsorganisation „Fund for Peace“. Seit 2005 misst sie die „Gesundheit“ der Länder anhand eines Kriterienkatalogs: Bevölkerungsentwicklung, Sicherheitslage, Menschenrechte, Wirtschaft, öffentliche Dienste und mehr.
Wird der Staat seinen öffentlichen Aufgaben gerecht?
Insgesamt werden zwölf Indikatoren aus den Bereichen Politik, Militär, Wirtschaft und Soziales für den Fragile States Index analysiert und ausgewertet. Das Ergebnis lässt Rückschlüsse darauf zu, ob ein Staat in Gefahr ist zu scheitern.
Die Fragestellungen lauten unter anderem: Kann der Staat die Sicherheit seiner Bürger gewährleisten? Hat er die Kontrolle über sein Territorium? Wird er seinen öffentlichen Aufgaben gerecht? Gibt es rechtsstaatliche Strukturen sowie Partizipationsmöglichkeiten oder herrschen Korruption und Vetternwirtschaft vor? Das Ergebnis der Analyse zeigt sich in der jährlich erhobenen Rangliste, dem Fragile States Index.
An der Spitze des Index stehen im Jahr 2016 vier afrikanische Staaten: Somalia, Südsudan, Zentralafrika und Sudan. Bei Einbeziehung von Tschad und Kongo befinden sich sechs der zehn fragilsten Staaten der Welt in Afrika. Trotz jahrelanger Unterstützung, Hilfs- und Friedensmissionen der Vereinten Nationen sowie umfassenden Finanzhilfen hat sich die Lage bei vier von ihnen gegenüber dem Vorjahr sogar noch verschlechtert.
Armut gefährdet die Stabilität afrikanischer Staaten.
Bei der Suche nach den Ursachen hierfür stechen insbesondere Bürgerkriege als ein wesentlicher Treiber für den Zerfall staatlicher Strukturen heraus. In manchen Staaten und Regionen toben innerstaatliche Konflikte bereits seit Jahrzehnten. In Somalia bekriegen sich unterschiedliche Parteien bereits seit 1988. Auch der konfliktgeschüttelte Sudan kommt seit Jahren nicht zur Ruhe.
Auch Armut und Korruption gefährden die Stabilität afrikanischer Staaten in entscheidendem Maße, ebenso wie das postkoloniale Erbe: Die willkürlichen Grenzziehungen der Kolonialmächte, die auch nach der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien weiterbestehen, trennen zusammengehörige Ethnien. Umgekehrt zwingen sie gleichzeitig rivalisierende Volksgruppen in einen Staat. Im Sudan führte dies schnurstracks in den Bürgerkrieg zwischen dem muslimischen Norden und dem christlich-animistischen Süden. Nach der Unabhängigkeit des Südsudan brachen dort Gewalt und Verteilungskämpfe zwischen den Volksgruppen aus. Währenddessen bleibt der Darfur-Konflikt im Sudan weiter ungelöst. Auch in vielen weiteren Brennpunkten Afrikas ist ein Ausweg aus der Gewaltspirale nicht in Sicht.