Was im Jahre 2014 im malischen Gao mit wenigen hundert niederländischen Soldaten als UN-Mission MINUSMAMultidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali im „Camp Castor“ begann, ist bis zum heutigen Tage auf gut 1.350 niederländische und deutsche Soldaten angewachsen. Hinzu kommen Angehörige weiterer Nationen. Nun haben die niederländischen Streitkräfte die Verantwortung für Camp Castor an das Deutsche Einsatzkontingent MINUSMAMultidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali übergeben.
Die Liste der Infrastruktur und Einrichtungen will gar nicht enden, die Oberstleutnant Timo Beaufort, der niederländische Kontingentführer, anlässlich der feierlichen Übergabe an die deutschen Soldaten aufzählt: Straßen, Wasserversorgung und Kanalisation gehören dazu. Aber auch eine Kirche, ein Postamt sowie Einkaufsmöglichkeiten und sogar ein Friseur sind im Camp. 35 Einzelpositionen insgesamt, unter ihnen auch Arbeits- und Ruhebereiche.
Was wie ein Dorf in Mitteleuropa anmutet, macht die komplexe Liegenschaft des heutigen Camp Castor aus. Dem Feldlager, das niederländische und deutsche Soldaten seit rund zwei Jahren einträchtig teilen. „Es ist unmöglich, das Vorhandensein all dieser Dinge in einem Einsatz als selbstverständlich anzusehen“, so Beaufort. Denn keines davon sei normal oder gar Standard. „Doch in Camp Castor gibt es das.“ – In einem Camp, das in den vergangenen vier Jahren so ausgebaut wurde.
Der niederländische Offizier erinnert daran, dass seine Kameraden quasi bei null angefangen hätten. Alles musste von niederländischen Pionieren und Logistikern in ihrem Camp Castor erst geschaffen werden. Sie gaben ihm dann auch den Namen – angelehnt an das Wappentier der 102. Pionierkompanie, einen Biber. Der heißt auf Französisch schlicht Castor und birgt einen Fingerzeig auf die französische Vergangenheit Malis. Der Nager steht im Ruf unentwegter Erweiterungen seiner Burg und das nicht zuletzt, um sich vor seinen natürlichen Feinden zu schützen.
130.000 Quadratmeter reine Wildnis fanden die rund 200 Soldaten anfangs vor. Heute ist Camp Castor fast dreimal so groß, „erweitert auch mit den Händen der Deutschen“, betont der 53-Jährige. Und erweitert um Nationen wie Belgien, die Schweiz oder die Baltischen Staaten, die sich Hand in Hand mit Deutschen und Niederländern in die Mission einbringen.
Die Niederländer könnten stolz sein auf dieses Camp. Daher sei es auch eine große Ehre, die Verantwortung für das Camp zu übergeben. Denn Deutschland stellt mittlerweile den größten Anteil aller Soldaten. „Die niederländisch-deutschen Beziehungen sind stark und das werden sie auch bleiben“, sagt Beaufort, um anschließend in exzellentem Deutsch für die Zusammenarbeit zu danken und viel Glück zu wünschen.
Oberst Johannes Derichs, der deutsche Kontingentführer, bekräftigt die niederländisch-deutsche Freundschaft. Nicht nur in Fragen der Campbewirtschaftung arbeite man gut zusammen, sondern vor allem auch in militärischen: „Gleiche Strukturen und gleiche Richtungen – das Ergebnis ist die niederländische 11. Luftmobile Brigade“, so der 60-Jährige. Jene Brigade, die seit einigen Jahren zur deutschen Division Schnelle Kräfte gehört, und die Heimat der niederländischen Aufklärungskräfte ist, die ebenfalls in Camp Castor ihren Auftrag erfüllen. Nur ein Beispiel für die vielfältigen Gemeinsamkeiten der beiden europäischen Nachbarn, die vor allem ein gleiches Wertebild vereinigt.
„Aber die größten Herausforderungen liegen nicht im Camp Castor, sie liegen außerhalb des Campzauns: Unser gemeinsamer Auftrag lautet, Frieden und Stabilität in die Region um Gao und nach ganz Mali zu bringen“, betont Derichs. „Da ist keinerlei Platz für Streitigkeiten über Hausmeisterpunkte.“
Beide Nationen wirkten seit zwei Jahren gemeinsam in Mali – ohne jeden Streit und oft wird gelacht – und „ich hoffe, dass wird sich so fortsetzen, wenn die ‚bürokratischen‘ Deutschen nun das Camp führen“, ergänzt er in Anspielung auf den oftmals deutschen „Way of life“. Auf die symbolische Schlüsselübergabe seines niederländischen Kameraden gab es auch prompt als Gegengabe mehrere Aktenordner: „Das ist die Zusammenfassung der neuen Camp-Regeln!“, so der nicht ernst gemeinte Gruß an die niederländischen Partner. Diese nahmen es mit Humor, der die beiden Nationen hier verbindet und das oftmals harte Dasein in Nordmali wenigstens innerhalb des Lagers etwas erträglicher macht.