Am Tag der Deutschen Einheit in Kiel besuchte die Verteidigungsministerin morgens die Fregatte „Schleswig-Holstein“, mittags nahm sie am Festakt von Bund und Ländern teil.
Bundesdienstflagge gehisst!
Es ist noch kalt und auch etwas grau am Tag der Deutschen Einheit, aber Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat trotzdem auf ihren marineblauen Dienstparka mit der Aufschrift „IBuK“ verzichtet. Die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte wird später beim Festakt zum Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands erwartet, da muss es etwas schicker sein. Aber erstmal ist noch ein Truppenbesuch auf einem schwimmenden Koloss aus blaugrauem Stahl angesagt: Der Fregatte „Schleswig-Holstein“. Seit 4.30 Uhr ist die Besatzung auf den Beinen. Das 1994 in Dienst gestellte Schiff glänzt, als wäre es erst letzte Woche vom Stapel gelaufen.
Vor genau 29 Jahren wurden die beiden Deutschlands wiedervereinigt. Zuvor war das Land rund vier Jahrzehnte in Ost und West geteilt gewesen. Der 3. Oktober ist seitdem bundesweiter Feiertag, alljährlich finden die offiziellen Feierlichkeiten in jenem Bundesland statt, das den Vorsitz im Bundesrat hat. Dieses Jahr richtet Schleswig-Holstein das Einheitsfest unter dem Motto „Mut verbindet“ aus – und die Ministerin nutzt die Gelegenheit, um vorher bei der Marine vorbeizuschauen. Kramp-Karrenbauer hat viel vor an einem Tag, an dem der Rest der Republik frei hat.
Ministerin Kramp-Karrenbauer besichtigt die Fregatte und spricht mit der Besatzung.
Ebenfalls unter den Frühaufstehern an der Kieler Förde: Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Als guter Gastgeber – und Pate der Fregatte, wie er verrät – lässt er sich es nicht nehmen, den Gast aus Berlin an Bord zu begleiten. Die Bundeswehr will in den kommenden fünf Jahren rund 109 Millionen Euro in den Standort Kiel investieren. Keine Kleinigkeit für die nördlichste Landeshauptstadt Deutschlands mit ihren 248.000 Einwohnern – und für Landesvater Günther.
Vizeadmiral Rainer Brinkmann, stellvertretender Inspekteur der Marine, und Fregattenkapitän Andreas Mückusch, Kommandant der „Schleswig-Holstein“, begrüßen die Politiker mit militärischen Ehren. Nach der Großen Flaggenparade – dem rituellen Hissen der Bundesdienstflagge, dem Hoheitszeichen der deutschen Behörden – spielt das Marinemusikkorps die Nationalhymne. Selbstverständlich singen alle mit.
Der Festakt von Bund und Ländern in der Kieler Arena ist der Höhepunkt der Feierlichkeiten.
Heute sei für sie ein besonderer Tag, sagt die Ministerin hinterher. Vor knapp drei Jahrzehnten seien mehr als 137.000 Angehörige der Nationalen Volksarmee von einem Tag auf den anderen zu Angehörigen der Bundeswehr geworden. „Aus ehemaligen Gegnern wurden in kürzester Zeit Kameraden. Das war ein großes Verdienst, damit hat die Bundeswehr ihren Beitrag zum Gelingen der deutschen Einheit geleistet“, so die Ministerin. Es sei der Mut der Menschen gewesen, der die deutsche Einheit ermöglicht habe.
Nach einem Frühstück mit der Besatzung und einem Rundgang über das Schiff geht es weiter zum Festgottesdienst in die St. Nikolai-Kirche, dem ältesten Gebäude Kiels. Mittlerweile scheint die Sonne über der Hansestadt, die Bürger strömen in Scharen ins Stadtzentrum. Es gibt viel zu sehen: Die 16 Bundesländer präsentierten sich entlang der sogenannten „Ländermeile“ direkt am Wasser, auch die Bundesministerien haben sich mit Infoständen in einem Zelt eingerichtet. Drei Bühnen bieten ein umfangreiches Programm mit Musik, Kunst und Kultur: Eine halbe Million Menschen werden zum Bürgerfest erwartet.
Der Festakt von Bund und Ländern in der Kieler Arena ist der Höhepunkt der Feierlichkeiten, die schon am Vortag begonnen hatten. Alle wichtigen Politiker sind in die Hansestadt gekommen, um gemeinsam zu feiern; der öffentlich-rechtliche Rundfunk überträgt live. Ministerpräsident Günther und Kanzlerin Angela Merkel halten die Festreden.
Beim „Dialogforum“ spricht die Ministerin über die Bundeswehr als Armee der Einheit.
Die Wende von 1989 sei eine „friedliche Revolution im Geiste der Freiheit“ gewesen, sagt die Kanzlerin. Sie markiere den Beginn der Versöhnung zwischen Ost und West. Auch wenn die Wende für sie „ein historischer Glücksmoment“ sei, müsse man doch anerkennen, dass das nicht von allen Deutschen so gesehen werde. Man könne die Zukunft nur dann gemeinsam positiv gestalten, wenn man zu Kompromissen bereit sei, gibt die Kanzlerin zu bedenken: „Die deutsche Einheit ist ein fortwährender Prozess, ein ständiger Auftrag, der alle Deutschen betrifft.“ Die rund 1.250 geladenen Gäste applaudieren.
Die Ministerin besucht den Stand des Verteidigungsministeriums, wo Jugendoffiziere den Bürgern Rede und Antwort stehen.
Direkt nach dem Ende des Festakts zieht es Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer zurück auf das Festgelände. Auf der Bühne des sogenannten „Dialogforums“ spricht sie über die Bundeswehr als Armee der Einheit. Der Raum quillt vor Menschen über – schließlich kann man nicht alle Tage eine Ministerin aus nächster Nähe bewundern. Anschließend geht es nach nebenan zum Stand des Verteidigungsministeriums, wo Jugendoffiziere der Bundeswehr den Bürgern Rede und Antwort stehen.
Die Ministerin mischt sich direkt unter die Leute, schüttelt Hände, verteilt Autogramme und lässt sich für Erinnerungsfotos ablichten. Irgendwann kriegt sie den Hinweis: Es geht weiter, der Wagen wartet schon. Die Ministerin schnappt sich ihren Schal und winkt zum Abschied in die Runde – am Abend wird sie schon wieder in Franken erwartet. Der Dienst ruft, aber das Fest zur Deutschen Einheit geht auch ohne sie weiter. Kommendes Jahr wird der 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung in Brandenburg gefeiert.