Das BMVgBundesministerium der Verteidigung hat im Dezember 2016 eine neue Personalstrategie vorgestellt, damit die Streitkräfte auch in Zukunft über das notwendige Personal verfügen. In Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels konkurriert die Bundeswehr mit vielen anderen Arbeitgebern um die klugsten Köpfe im Land. Staatssekretär Gerd Hoofe zieht im Interview mit der Redaktion der Bundeswehr eine erste Bilanz über die beschlossenen Maßnahmen.
Sie wird nicht nur wachsen, sie muss wachsen, um zukünftig ihre Aufgaben erfüllen zu können. Jede große komplexe Organisation muss eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg bringen, wenn sie qualifiziert und passgenau wachsen will. Diese Maßnahmen müssen natürlich einer hinterlegten Strategie folgen. Deswegen haben wir im letzten Jahr eine Personalstrategie der Bundeswehr mit dem entsprechenden Strategieprogramm erarbeitet.
Die Trendwende Personal ist eine bewusste Abkehr von den starren Personalobergrenzen, die zum Teil willkürlich und sinnfrei gesetzt worden sind – hin zu der Frage des tatsächlichen Bedarfs. Das funktioniert jedoch nur, wenn der Personalplanung eine Strategie zu Grunde liegt. Ein Kernelement jeder Personalstrategie ist daher zunächst eine strategische Bedarfsermittlung. Es wird also weit nach vorne gedacht. Die grundlegenden Frage ist: Welche Fähigkeiten benötige ich, wann an welcher Stelle und in welcher Anzahl, um meine Organisation in Zukunft erfolgreich zu steuern?
Die Maßnahmen folgen verschiedenen Stoßrichtungen. Es geht um Personalgewinnung, es geht um Personalbindung, es geht um Personalübergänge und es geht um Personalentwicklung im Sinne von Bildung und Qualifizierung. Es geht aber natürlich auch insgesamt um attraktive Rahmenbedingungen für diejenigen die bei uns sind, und die wir für uns gewinnen wollen.
Nach der aktuellen mittelfristigen Personalplanung (bis 2024) soll der militärische Bereich um 12.000 Soldatinnen und Soldaten wachsen, der Bereich der Reservedienstleistenden um 1.000 und der Zivilpersonalkörper um 5.400. Zusammengerechnet sind das dann in etwa 18.000, so dass wir 2024 im militärischen Bereich auf eine Größenordnung von 198.000 kommen und im zivilen Bereich auf 61.400 Dienstposten. Das bedeutet in etwa eine Zahl von 64.400 zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Gerd Hoofe, Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, bei einem Interview in seinem Dienstzimmer in Berlin, am 05.07.2017.
Bei der Frage, was müssen wir tun, um möglichst schnell gutes, passgenau qualifiziertes Personal zu gewinnen und auch zu halten, spielen zunächst attraktive Rahmenbedingungen für den Dienst in der Bundeswehr eine entscheidende Rolle. Das heißt wie müssen Dienst und Perspektive gestaltet sein, um das vorhandene Personal zu binden und zu qualifizieren sowie neues Personal zu gewinnen. Das beginnt bei den Karrieremodellen, betrifft die Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Ausstattung des Arbeitsplatzes, guter Führung und angemessener Bezahlung und letztendlich die Frage der Beweglichkeit einer Organisation auch zum Nutzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier wurde in den letzten Jahren mit der Umsetzung der Agenda Attraktivität bereits vieles erreicht.
Die Personalstrategie bildet letztendlich das Fundament, auf dem das Personalmanagement agiert und gestaltet. Die Grundlage bildet dabei ein konkretes Programm mit einer Reihe von Elementen zur Personalgewinnung, Personalbindung und Personalentwicklung. Dieses Strategieprogramm alleine kann allerdings noch nichts verändern. Die Umsetzung kann nur mit entsprechenden modernen und engagierten Methoden des Personalmanagements gelingen. Daher ist es von großer Wichtigkeit im Personalmanagement gut aufgestellt zu sein. Das betrifft die Gewichtung innerhalb der Querschnittsaufgaben, das betrifft aber auch die Auskömmlichkeit der Personalausstattung und die Qualität im Personalmanagement. Nur so kann der Veränderungsprozess gelingen.
Das Personalmanagement muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen, um erfolgreich zu sein. Wir müssen flexibel agieren und moderne Methoden bei Gewinnung, Bindung und Führung einsetzen. Das heißt aber auch, dass das Personalmanagement selbst entsprechend gut ausgestattet werden muss mit klugen Konzepten arbeitet und in der Personalführung vorausschauend und individuell handelt. Im Personalmanagement müssen nicht nur die klugen Strategen und Konzeptionisten arbeiten, sondern auch die brillanten Umsetzer und Kümmerer. Keiner will gerne bei jemandem bleiben, der ihm oder ihr nicht gut tut und der nicht gezielt unterstützt und hilft. Das gilt für alle Ebenen der Organisation Bundeswehr.
Ich hoffe, dass die Inhalte der Personalstrategie und die Umsetzung im Personalmanagement dazu beitragen, dass im Hinblick auf die Bedeutung der Personalfrage und dem Umgang mit Personal in seiner ganzen Vielfalt und Wertschätzung ein Kulturwandel eintritt. Wir sind alle aufgefordert, diese Entwicklung zu unterstützen und die notwendige Initiativkraft dafür aufzubringen. Arbeitgeberattraktivität bedeutet zeitgemäße Rahmenbedingungen zu schaffen, um im Wettbewerb um die besten Köpfe und flinksten Hände erfolgreich zu sein. Das schafft aber nicht allein die Personalstrategie, das schafft auch nicht alleine das Personalmanagement. Das kriegen sie nur hin, wenn in einer so großen und komplexen Organisation insbesondere die Führungskräfte im Umgang mit Personalfragen an einem Strang ziehen.
Wir haben nichts davon, wenn wir im Rahmen unserer Personalstrategie und auch durchaus verinnerlicht im Bereich des Personalmanagements mit guten modernen Methoden arbeiten und der einzelne Vorgesetzte mit seinem Personal Schlitten fährt und nicht ansatzweise das Personal wertschätzt, respektiert oder anerkennt. Dann haben wir schnell verloren, weil wir nicht in der Lage gewesen sind, die gesamte Organisation mitzunehmen. Von daher ist das zuvörderst Entscheidende, dass sich die Organisation insgesamt einer Kultur verpflichtet fühlt das Personal wertzuschätzen, aber auch zu fördern und weiterzuentwickeln und dem Teamgedanken, der unterstützenden Zusammenarbeit den notwendigen Gestaltungsraum zu geben. Erfolgreiches Personalmanagement muss nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen funktionieren.
Wir haben fast alles umsetzen können, was wir uns vorgenommen haben. Die gesetzlichen Regelungen des Attraktivitätssteigerungsgesetzes sind alle in Kraft. Bei den untergesetzlichen Maßnahmen sind in der Zwischenzeit bis auf Kleinigkeiten auch alle Dinge umgesetzt. Nur bei dem Thema Internet für alle in den Liegenschaften sind wir noch in Bewegung zum Ziel. Aber auch hier gehen wir davon aus, dass die notwendigen Vergabeentscheidungen noch in diesem Jahr erfolgen. So ziehe ich eine erste positive Bilanz, weil wir die Agenda Attraktivität tatsächlich erlebbar gemacht haben. Die Umfragen zeigen uns auch, dass der Attraktivitätsgedanke als solcher sehr positiv bewertet wird. Auch die konkrete Umsetzung, wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Telearbeit haben sich sehr gut entwickelt, wenn ich mir die Zahlenentwicklung über die letzten drei Jahre anschaue.
Mittlerweile wissen alle, wie stark wir davon abhängig sind, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit uns das gelingt. Die Arbeitgeberattraktivität ist zukünftig eine Daueraufgabe. Die Voraussetzungen haben wir geschaffen. Es ist Chefsache und bleibt Chefsache. Dabei ist es immens wichtig – und dann sind wir wieder bei der Personalstrategie – dass attraktive Rahmenbedingungen für den Arbeitgeber Bundeswehr auch zukünftig das Salz in der Suppe sind und stetig weiterentwickelt werden müssen verbunden mit immer wieder neuen Gedanken und Ideen, die uns mit motiviertem Personal unsere Zukunft erfolgreich gestalten lassen.
Die Fragen stellte Christiane Tiemann.