Deutschland muss auf dem Feld der digitalen Technologien zur Weltspitze aufschließen. Das hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Dienstag bei der 9. Handelsblatt Jahrestagung Cybersecurity betont. Denn der Innovationsprozess der Digitalisierung in Deutschland sei auch Teil der sicherheitspolitischen Verantwortung der Bundesregierung.
Die Ministerin sagte in einer engagierten Grundsatzrede in Berlin: „So, wie wir Weltspitze im Maschinenbau, in der Automobilindustrie sind, so müssen wir als Deutsche auch zur Weltspitze aufschließen, wenn es um digitale Technologien, um KIKünstliche Intelligenz (Künstliche Intelligenz) und 5G-Technologien geht.“ Deutschland und Europa müssten sich gegen Cyberangriffe und den Missbrauch von Digitaltechnik wappnen, so Kramp-Karrenbauer in ihrer sicherheitspolitischen Standortbestimmung.
Es gebe besorgniserregende Beispiele in der Welt, die zeigten, wie der Missbrauch neuer Technologien bürgerliche Freiheiten bedrohten. So etwa in China. „Die Dynamik der Digitalisierung in China ist ungeheuer beeindruckend, aber auch bedrückend,“ sagte die Ministerin vor einem hochrangigen Publikum aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.
Mit dem Stichwort „social scoring“ deutete Annegret Kramp-Karrenbauer darauf hin, wie staatliche Stellen in China die digitalen Spuren ihrer Bürgerinnen und Bürger sammelten, um ihr Verhalten zu bewerten und gegebenenfalls zu sanktionieren. Die Ministerin zeigte sich beunruhigt darüber, dass Digitalisierung in China zunehmend als „Kontroll- und Überwachungssystem“ benutzt werde und dass es in Fachkreisen heiße, dass von China aus mehr Cyberangriffe auf unsere Wirtschaft ausgingen als von jedem anderen Land.
Das zeige aber auch, so Annegret Kramp-Karrenbauer, warum es so wichtig sei, dass in Deutschland und Europa die Digitalisierung und damit auch KIKünstliche Intelligenz aus eigener Kraft vorangetrieben werde. Dafür gelte es, deutsche und europäische Unternehmen im Wettbewerb zu stärken. „Damit sie den Ausbau unserer Netze vorantreiben können und damit wir unserer digitalen Infrastruktur vertrauen können“, so die Ministerin in Berlin. „Auf diese digitale Infrastruktur sind wir in Deutschland alle angewiesen, auch die Bundeswehr“, sagte Sie weiter.
Weder Panzer noch Kampfflugzeuge und Schiffe der Bundeswehr funktionierten heute noch ohne Computer. Knapp 5.500 Angriffe würden pro Tag auf die ITInformationstechnik der Bundeswehr verübt. So wie Unternehmen müsse sich auch die Bundeswehr vor Cyberangriffen schützen, im Inland wie in den Auslandseinsätzen, unterstrich die Ministerin. „Angriffe auf zivile Infrastruktur können gravierende Auswirkungen auf die Streitkräfte haben.“ Auch deswegen sei Cyber-Sicherheitsvorsorge eine gesamtstaatliche Aufgabe, die im engen Schulterschluss der zuständigen Ministerien und Behörden wahrgenommen werde.
Im Verbund der nationalen Cyberabwehr sei die Bundeswehr aber nicht nur dafür zuständig, ihre eigenen Netze und ITInformationstechnik-Systeme zu sichern. „Es ist Aufgabe der Bundeswehr, Deutschland und seine Bündnispartner vor militärischen Angriffen zu schützen – zu Lande, zu See, aus der Luft und aus dem Cyberraum“, erklärte die Ministerin weiter. Deswegen sei der Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum (CIRCyber- und Informationsraum) gegründet worden und werde weiter an Bedeutung gewinnen. „Im Kommando CIRCyber- und Informationsraum und seinen zugehörigen Dienststellen sind unsere Fähigkeiten gebündelt, militärisch im Cyber- und Informationsraum zu wirken“, so die Ministerin.
Die Verteidigung im Cyber- und Informationsraum und deren Bündelung in einem eigenen Organisationsbereich, sei militärhistorisch so bedeutsam wie beispielsweise die Gründung der Luftwaffe. Die im Kommando CIRCyber- und Informationsraum gebündelten Fähigkeiten stärkten nicht nur die Reaktionsfähigkeit der Bundeswehr auf militärische Herausforderungen im Cyberraum. Sie trügen auch erheblich „zur Glaubwürdigkeit unserer Verteidigungsfähigkeit im digitalen Zeitalter bei“, so die Ministerin bei der 9. Handelsblatt Jahrestagung Cybersecurity in Berlin.
Um das enorme Aufgaben-Spektrum im Cyberraum bewältigen zu können, unternimmt die Bundeswehr nach Darstellung der Ministerin intensive Anstrengungen. „Wir treiben große Projekte voran, wie die Digitalisierung landbasierter Operationen, um das Zusammenwirken militärischer Verbände digital zu erneuern“, hob Kramp-Karrenbauer hervor. Neben der Nutzung von KIKünstliche Intelligenz-Algorithmen zur Krisenfrüherkennung führte die Ministerin darüber hinaus die hohen Investitionen der Bundeswehr im Bereich Forschung und Ausbildung an.
So etwa mit der Gründung des bundesweit einzigartigen Cyber-Clusters, des Forschungsinstituts „Cyber Defence und Smart Data“, kurz CODE, an der Universität der Bundeswehr München. „Der dortige neue Master-Studiengang Cyber-Sicherheit lässt unseren Nachwuchs von diesen exzellenten akademischen Rahmenbedingungen profitieren – und steht auch anderen Ressorts offen“, so Kramp-Karrenbauer.
Die Bundeswehr sei bei der Cybersicherheit Teamplayer. Sie sei Teil der gesamtstaatlichen Cyber-Sicherheitsarchitektur, stellte die Ministerin heraus. Von der Bundeswehr werde aber auch über die Cyber-Verteidigung hinaus viel gefordert. Dafür verdienten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr die bestmögliche Ausrüstung. Ein weiter wachsender Verteidigungshaushalt ist deswegen dringend erforderlich. Deutschland stehe zum 2-Prozent-Ziel der NATO. Die Bundesregierung bewege sich konsequent auf dieses Ziel zu und wolle bis 2024 1,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Verteidigung aufwenden. Dafür, so die Ministerin zum Schluss ihrer rund 20-minütigen Rede, werde sie sich mit aller Kraft einsetzen. Denn es gehe nicht darum, einem amerikanischen Präsidenten zu gefallen, sondern die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.