Ob tonnenschwere Container oder das 300.000 Euro teure, handgroße Ersatzteil – die Soldaten des Versorgungszuges im Camp Castor sorgen dafür, dass jeder Soldat das Ersatzteil bekommt, das er für seinen Auftrag braucht. Und wenn die malische Wüste einen deutschen Reifen geschmirgelt hat, dann laufen die Soldaten im Versorgungszug zur Hochform auf.
Als Versorgungszugführer hat Hauptmann Roland Z. insgesamt acht logistische Gruppen in seiner Verantwortung. Von Marketender über die Feldpost bis zur Transportgruppe. All diese Soldaten haben ein gemeinsames Ziel: Die bestmögliche Versorgung des deutschen Einsatzkontingentes.
„Tex“ heißt eigentlich Medeiros T. Er ist Hauptfeldwebel und kein Mann der großen Worte. Doch auf seine Aufgabe angesprochen, gerät er ins Schwärmen: „Wir haben hier echt viel zu tun. Wenn wir das Material nicht beschaffen können, was die Kompanien brauchen, stehen die auf dem Schlauch. Geht zum Beispiel da vorne bei den Aufklärern ein Reifen kaputt, muss ein neuer ran. Und das schnell.“
Hauptfeldwebel „Tex“ hat als Materialdispositionsfeldwebel eine zentrale Aufgabe in der Umschlaggruppe für Nichtverbrauchsgüter (NVG) und Einzelverbrauchsgüter (EVG). NVG´s sind unter anderem Großgeräte oder Fahrzeuge. Einzelverbrauchsgüter können zum Beispiel Büromaterialien sein. „Tex“ ist dafür verantwortlich, dass die Soldaten in den Kompanien das Material bekommen, welches sie zur Erfüllung ihres Auftrages benötigen. Geht also bei einem Fennek ein Reifen kaputt - und das passiert in der malischen Wüste recht schnell – dann ist es Hauptfeldwebel „Tex“, bei dem die Anforderung von den Soldaten der Aufklärungskompanie für einen Reifen einläuft. Er prüft dann sofort, ob ein Ersatzreifen bereits im Camp Castor vorrätig ist oder ob er einen neuen Reifen in Deutschland anfordern muss.
Warum verschleißen Reifen in der malischen Wüste so schnell? Zum einen sind es die klimatischen Verhältnisse, also die große Hitze. Die wirkt sich auf die Weichmacher im Reifengummi aus und lässt die Reifen spröde werden. Auf der anderen Seite ist es die Bodenbeschaffenheit, also das Gestein und das Geröll, über die die Reifen ständig rollen.
Und natürlich sind auch die vielen Patrouillen und Operationen der deutschen Soldaten, die vielen Kilometer, die mit diesen Reifen gefahren werden, Ursache für eine hohe Beanspruchung des Materials.
Ausgelöst durch die Instandsetzungsmeldung der Frauen und Männer vor Ort, also dort, wo der Reifen kaputtgegangen ist, setzt sich die Logistikmaschinerie in Gang. Wenn es richtig dringend ist, der Reifen also mitten in einer Operation oder während einer Patrouille platt ist, dann melden die Instandhalter einen Sofortbedarf über Telefon an Hauptfeldwebel „Tex“ und sein Team. Der nimmt die Anforderung auf und gibt sie an die Kameraden des Nachschubs weiter. Die fahren dann zum Lager, holen sich den passenden Reifen und bringen das gute Stück schnell zu den „Instandsetzern“. Einer der Nachschubsoldaten ist Oberstabsgefreiter Florian D. Er mag sein Team, richtige Freunde seien sie geworden. Ihre gemeinsame Arbeit schweißt sie zusammen: „Jeder hilft jedem. Wenn ich eine Frage habe, helfen meine Kameraden sofort.“
Ständig ist Bewegung bei den Nachschiebern in Gao. Inzwischen kommen täglich Flugzeuge mit benötigtem Material für das deutsche Einsatzkontingent nach Gao. Das ist gut, finden die Soldaten. Doch muss das eingeflogene Material auch sieben Tage die Woche angenommen, identifiziert, auf Vollzähligkeit und Vollständigkeit überprüft, verbracht und verteilt werden. Hauptfeldwebel „Tex“ hat ein starkes Team um sich. Jeder Handgriff sitzt, alle sind Profis. Das weiß er, darauf ist er stolz. Wenn er sich aber etwas wünschen dürfte, dann wären es etwas mehr Soldaten für seinen Bereich, sagt er zurückhaltend.
Hauptmann Roland Z. ist der Zugführer des Versorgungszuges. Er geht sicher an Paletten, großen Holzkisten und gestapelten Reifen vorbei und kennt jeden Artikel hier. Das ist seine Welt. Das ist das Außenlager innerhalb des Camps. Ein riesiges Zeltdach schützt die Güter vor der Sonne Malis. „Die Reifen sind nach Fahrzeugtyp sortiert. Von Fuchs bis zu Dingo, Multi, SSA Wolf, Eagle.“, erklärt er. Und dann zeigt Hauptmann Z. auf die andere Seite des Außenlagers: „Hier liegt unser Großmaterial - von der Achse bis hin zum Getriebe.“ Hauptmann Z. weiß, dass im Camp zurzeit Material in einem Umfang von mehreren Millionen Euro lagert. Die Betonierung der Lagerfläche, Seitenwände für das Zeltdach und eine Klimatisierung des Lagers sind aus seiner Sicht wichtige Maßnahmen für die Lagerung des Materials unter den Bedingungen in Gao.
Das Gelände der Materialgruppe teilen sich die deutschen Soldaten mit ihren niederländischen Kameraden. Die Soldaten der deutschen Luftumschlaggruppe und die Soldaten der Umschlag- und Transportgruppe finden hier auch Platz. Versorgungszugführer Hauptmann Z. erklärt: „Unser Reifen kommt also mit einer Warenlieferung per Lufttransport an. Diese Lieferung fertigen die Soldaten der Luftumschlaggruppe morgens auf der MINUSMAMultidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali-Ramp auf dem Flughafen von Gao ab und bringen den Reifen und die anderen Güter hier ins Lager.“ Danach wird der Reifen abgeladen und vorgesichtet. Bei dieser Vorsichtung geht es auch darum, ob der gerade eingetroffene Reifen sofort ausgeliefert werden muss oder zunächst eingelagert wird. „Und wir prüfen, ob auch drin ist, was draufsteht.“, ergänzt Hauptmann Roland Z.
Bei der Materialgruppe befindet sich auch die Bekleidungskammer des Lagers. „Die haben meine Jungs komplett neu strukturiert und aufgebaut.“, erklärt Hauptmann Z. mit sichtlichem Stolz, „Hier haben wir alles: Von Socken über Hosen bis hin zur Feldbluse.“ Am meisten würden Schuhe getauscht, weiß der Hauptmann. Das mit den Schuhen der Soldaten sei so ähnlich wie mit den Reifen für die Fahrzeuge – besondere Bedingungen, besondere Beanspruchung.
Oberstabsgefreiter Viktor K. verteilt in der Halle der Materialgruppe das Material, das von der Umschlaggruppe angeliefert wird. Da muss er sehr aufmerksam sein, denn das Material muss – wenn es gebraucht wird – schnell zur Verfügung stehen. Sortiert er an einem Tag das hereinkommende Material, fährt er es an einem anderen mit dem großen Manitou-Stapler an seinen Bestimmungsplatz. An wieder einem anderen Tag entlädt der Oberstabsgefreite das Gepäck der Neuankömmlinge von den LKWLastkraftwagen´s. Am nächsten Tag „spielt“ er wieder mit dem Manitou-Stapler „Container-Tetris“. „Das ist schon cool. Meine Arbeit bewegt sich zwischen der kleinsten Schraube und dem tonnenschweren Container.“, weiß er zu berichten. „Das außergewöhnlichste Teil, was ich jemals bearbeiten durfte, war so ein sehr kleines Ersatzteil. Das war nur so groß wie meine Hand und hat echt 300.000 Euro gekostet. Das war heftig.“, erinnert sich Oberstabgefreiter Viktor K. und sieht wie ein zufriedener Mann aus.