Ob bei Tag oder Nacht, rund um die Uhr wird im Versorgungszug entladen, umgepackt und verteilt. Dies ist eine Angelegenheit für die „Loggis“. Für sie ist das Umschlagen des Materials mehr als nur ein Teil der Logistikkette.
„Im Grunde ist es wie beim Online-Shopping“, sagt Manuel K. Der Oberfeldwebel steht vor einer großen Halle im Feldlager Camp Castor und bringt auf den Punkt, wie Material aus dem 4.000 Kilometer entfernten Deutschland nach Mali kommt. Wenn etwa das Panzerband ausgeht, füllt die Truppe einen Bestellzettel aus und gibt ihn an die Materialbewirtschaftung – eine Art Disposition – weiter. Die „Dispo“ gibt die Bestellung ins System ein und einige Zeit später landet die Ware in Gao. Nur Expresslieferungen über Nacht gibt es im Einsatz nicht.
Die große Halle ist die erste Station für Material, nachdem es im Lager angekommen ist. Das meiste kommt im Lufttransport über den angrenzenden Flugplatz Gao. Güter, die nicht sicherheitsrelevant sind, erreichen Camp Castor auch über den Landweg.
In der Halle ist es staubig und stickig. Kein Wunder, bei mehr als 40 Grad im Schatten über Mittag. „Wenn Material angeliefert wird, steht hier alles voll“, sagt Manuel K. mit Blick auf die Lagerplätze.
Am Halleneingang stehen Gitterboxen voll mit Adventsgestecken. „Natürlich künstliche. Die würden sonst keine zwei Tage überleben“, sagt der 29-Jährige. Bis die Vorweihnachtszeit beginnt, vergehen noch einige Wochen. Doch für die meisten aus dem aktuell 6. Kontingent sind sie Erinnerung an die Lieben zu Hause. Denn ein Großteil der Soldaten wird über Weihnachten und Neujahr in Mali sein. Weihnachtskränze können zwar nicht die deutsche Tradition ersetzen, aber auf weihnachtliche Stimmung wollen die Frauen und Männer nicht verzichten.
Manuel K. führt die sogenannte Materialgruppe. Zwei bis drei Soldaten schlagen mit ihm den ganzen Tag Material um. „Manitou hilft“, lächelt er. Manitou ist ein großer Gabelstapler, fast wie ein Speditionsfahrzeug, nur für den Betrieb in extremen Umgebungen ausgelegt. Ein normaler Stapler würde hier schnell an seine Grenzen stoßen, im roten Sand von Mali. Für Container steht ein spezielles Umschlaggerät zur Verfügung. Das brauchen sie hier in Gao auch dringend. Denn viele Einrichtungen im Einsatz basieren auf Containerbauweise: Büros, Schlafräume oder auch Sanitätseinrichtungen. Wie im Hafen sieht es aus, wenn die großen Container durchs Camp gefahren werden.
Im Lager wird immens viel Material umgeschlagen. Doch Angeben mit Zahlen ist nicht Manuels Sache. Der Reichenhaller aus der 2. Kompanie des Gebirgsversorgungsbataillons 8 ist „Loggi” – wie Logistiker oft genannt werden – mit Leib und Seele. Dass über den Nachschub gerne gemeckert wird, vor allem, wenn es an irgendetwas fehlt, stört den begeisterten Skifahrer nicht wirklich. Er weiß, dass er Dienstleister ist und der Nachschub vor allem geräuschlos funktionieren muss. Doch ein paar Zahlen gibt er preis: Mehr als 30 Räder und 300 Luftfilter müssen die Woche gewechselt werden. Und bevor die Schrauber vom Instandsetzungszug das Ganze verbauen können, ist es über den Tisch des Oberfeldwebels gelaufen.
Verbrauchsmaterial schieben seine Mannen jedoch meist direkt weiter an die sogenannte Logistische Ebene 2. Diese befindet sich nur einige Meter weiter – bei der unterstützenden Einheit. Oberfeldwebel Alexander S., ebenfalls aus Bad Reichenhall, ist der Mann für EVG – Einzelverbrauchsgüter und MVG – Mengenverbrauchsgüter: Reifen, Motoren, Achsen oder auch das bekannte olivgrüne Panzerband. Wenn Alexander sein Lager öffnet, kommen diese Dinge zum Vorschein.
Anders als in der Materialgruppe liegen seine Waren vor allem in Containern oder in Freilagern. „Anders lassen sich diese riesigen Reifen und Motoren nicht lagern“, sagt der 30-Jährige und steht flugs neben einer Palette mit Reifen für einen Transportpanzer Fuchs. Daneben wirken die Pneus für den Geländewagen Wolf wie Fahrradreifen. Ob er seinen Beruf mag, hier im Einsatz? „Aber hundertprozentig“, kommt es wie aus der Pistole geschossen in tiefstem Bayerisch und mit rollendem R. „Wir sehen Tag für Tag den Output hier im Einsatz“, sagt er.
„Das ist hier alles reale Versorgung“, ergänzt Oberfeldwebel Stefan W., der mittlerweile seinen Hauptarbeitsplatz auf dem Flughafen verlassen hat. Der 27-Jährige ist Luftumschlaggruppenführer und meist das erste Element in der Versorgungskette von Gao. Stefan steht mit seinen Männern an der Runway, wenn die großen Antonov-Flugzeuge landen oder auch die C-160 Transall der Luftwaffe. Dann schwingt sich der Soldat aus dem Logistikbataillon 171 in Burg auf das Transportfahrzeug, einen Paletten-Loader und zieht die Heavy Cargo Units aus dem Bauch der Flieger.
Langsam bricht der Abend an in Gao, gegen 18 Uhr wird es nach der großen Hitze schlagartig dunkel. Dann ist für die drei Oberfeldwebel normalerweise Feierabend angesagt – oder besser gesagt Dienstunterbrechung. Meist geht dann ein langer Tag vorbei, an dem Kabel, Dichtungen, Achsen, Filter oder auch alkoholfreies Bier auf- oder abgeladen wurden.
Zählen lässt sich das ohne Computer nicht wirklich. Doch das ist für die drei Männer auch Schall und Rauch: „Wir sind ein Team“, sagen alle mit Überzeugung.