Nach langer Trockenzeit hoffen die Einwohner Gaos auf den lang ersehnten Regen. Dieses Jahr lassen die Niederschläge jedoch auf sich warten. Bislang sorgten nur wenige kurze Schauer für neues Wasser. Im Niger, dem wichtigsten Strom des Landes, ist der Pegelstand besorgniserregend niedrig. Wenn sich die Situation weiter verschärft, könnte die Wasserversorgung der Region gefährdet sein und Auswirkungen auf die UN-Mission MINUSMAMultidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali in Mali haben. Das ruft die Spezialisten des deutschen Einsatzkontingents auf den Plan. Doch es fehlen belastbare Daten, um die Situation am Niger richtig einzuschätzen. Die Fachleute der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppe und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr (GeoInfoDBw) entschließen sich, mit der Force Protection Kompanie eine Patrouille zu starten, um an den Ufern Proben zu sammeln.
Wenige Minuten nach Verlassen des Feldlagers kommt der Niger bereits in Sichtweite. In den Morgenstunden ist das Ufer schon von zahlreichen Menschen und Tieren gesäumt, überall stehen Fahrzeuge. Flache Holzkähne schaukeln sacht auf dem Wasser. Fischer staken zu ihren Reusen. Hirten treiben Rinder und zahlreiche Pferde zur Tränke. Auffällig breit ist der helle Sandstrand jetzt. Überall tummeln sich Kinder. Den Fluss teilen mächtige Sandbänke in kleine Verzweigungen. Die Mächtigkeit des vor Monaten noch gewaltigen Stroms lässt sich anhand der Ablagerungen an den Betonpfeilern der einzigen Nigerbrücke weit und breit nur erahnen.
Durch schmale Gassen, entlang dicker Lehmmauern rollen die tonnenschweren Fahrzeuge der Patrouille behutsam dem breiten Strand entgegen. Nachdem die Rundumsicherung steht, beziehen die Infanteristen Stellung. Dann steigen die beiden Fachberater aus. „Mir kommt es hier zunächst auf die Beschaffenheit des Untergrundes an,“ erläutert Hauptmann Tobias S., Offizier im GeoInfoDBw seine Arbeit. „Ich prüfe, mit welchen Fahrzeugen die Bewohner zum Wasser gelangen können, beziehungsweise wie es um die Tragfähigkeit der Zufahrtswege steht.“ Er wirft einen Blick auf die Landkarte und prüft, ob die örtlichen Gegebenheiten übereinstimmen. Gerade bei abnehmendem Wasserstand bilden sich neue Wege in Ufernähe oder Furten.
Umringt von neugierigen Kindern zieht sich Hauptmann Yves H. seine schweren Gummistiefel an. Mit Metermaß und Probenbehälter geht der Fachmann für atomare, biologische und chemische Gefahrstoffe Schritt für Schritt in den Fluss. In voller Schutzausrüstung misst er Fließgeschwindigkeit und Wassertiefe. Er nimmt Proben und protokolliert sichtbare Beispiele für Tierleben und Verunreinigungen im Niger.
Die Kinder wundern sich über die fremden Soldaten, baden sie doch für gewöhnlich niemals so angezogen in ihrem Fluss. Einer der Fallschirmjäger der Force Protection erklärt in einfachen Worten, dass die deutschen Blauhelmsoldaten nicht baden, sondern zum Schutz der Menschen beitragen wollen. Die Kinder lachen und winken, als die Soldaten vorsichtig den Strandabschnitt verlassen.
Vor der Marschgruppe liegen noch weitere Uferstellen, bevor der zweite Teil des heutigen Auftrages beginnt und die Soldaten wichtige Beobachtungspunkte anfahren. Auf unbefestigten Sandpisten quer durch die karge Landschaft orientiert sich der Patrouillenführer oft nur anhand alter Reifenspuren im Sand. Seine Position kontrolliert er mittels GPS-Koordinaten auf seiner Landkarte. Hauptmann S. interessieren diese Routen besonders. „Eigentlich kann man gar nicht von Wegen sprechen, denn oft verlagern sich solche Wüstenpfade willkürlich. Und deshalb müssen wir regelmäßig die tatsächlich gefahrenen Strecken der Patrouillen abgleichen, um aktuelle und verlässliche Unterlagen bereitstellen zu können.“
Die Beobachtungspunkte liegen auf Plateaus oder Anhöhen, von denen ein guter Überblick über das Gelände besteht. Andererseits können gegnerische Kräfte diese Höhen nutzen, um mit Mörsern das Feldlager zu beschießen. Die Fallschirmjäger vor Ort sollen derartige Angriffe verhindern. Tag und Nacht wachen sie über das Camp Castor. Auch daher ist es wichtig, regelmäßig, aktuelle geologische Daten zu sammeln. Durch das Funkgerät meldet der Patrouillenführer an die Operationszentrale – Auftrag abgeschlossen, wir befinden uns auf dem Rückmarsch.