Deutschland und Frankreich sind nicht nur Nachbarn, sondern Freunde – und zusammen die Schrittmacher der Europäischen Union. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer reiste am Donnerstag zu ihrem offiziellen Antrittsbesuch nach Paris, um sich mit ihrer französischen Kollegin Florence Parly über die anstehenden sicherheitspolitischen Entscheidungen abzustimmen.
Da wäre zum einen das wohl ambitionierteste europäische Rüstungsprojekt der nächsten Jahrzehnte: die Entwicklung des nunmehr als „Next Generation Weapon System“ oder NGWSNext Generation Weapon System bezeichneten gemeinsamen Kampfflugzeugsystems. Das Flugzeug entsteht als Basis des „Future Combat Air Systems“ oder FCASFuture Combat Air System unter französischer Führung. Die Unternehmen Airbus und MTU aus Deutschland sowie Dassault und Safran aus Frankreich wurden zu gleichen Teilen mit der Entwicklung beauftragt.
Wir sind getrieben von dem festen Willen, gemeinsam europäischer zu werden – und unsere Freunde in Europa mit in diese Kooperation einzubeziehen.Annegret Kramp-Karrenbauer in Paris über die deutsch-französische Rolle in der Europäischen Union.,
Das Projekt wird von Deutschland, Frankreich und Spanien vorangetrieben; der Bundestag hatte erst letzte Woche 77,5 Millionen Euro für die Entwicklung der FCASFuture Combat Air System-Technologie bewilligt. Diese umfasst nicht nur den Kampfjet, sondern zum Beispiel auch Begleitdrohnen. Die Ministerinnen zeichneten bei ihrem Treffen eine entsprechende Vereinbarung. Konkrete Technologie- und Demonstratorentwicklungen sollen in den kommenden 18 Monaten Gewissheit über Kosten, Zeitlinien und Herausforderungen des Großprojekts geben. Auf dieser Basis können gezielte strategische Entscheidungen getroffen werden. Auch Spanien zeichnete in Paris eine Erklärung zur Beteiligung am NGWSNext Generation Weapon System.
Zum anderen berieten sich die Ministerinnen über die Situation in Nordafrika und der Subsahara. Die Lage der Menschen im Bürgerkriegsland Libyen soll durch ein striktes Waffenembargo verbessert werden, zudem sollen die Konfliktparteien von den Vereinten Nationen an den Verhandlungstisch gebracht werden.
Einig waren sich die Partner auch in dem Vorhaben, die Staaten der Sahelzone beim Kampf gegen den islamistischen Terror stärker zu unterstützen. Allerdings gibt es unterschiedliche Ansichten, wie genau das geschehen soll: Frankreich dringt bekanntlich auf ein robusteres militärisches Vorgehen und möchte die Bundeswehr dabei an seiner Seite wissen. Deutschland hingegen möchte sich erst einmal mit den anderen Ländern der Europäischen Union auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen.
Auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 sowie das Verhältnis zur NATO kamen bei dem Treffen der Ministerinnen zur Sprache. Deutschland setzt weiter auf eine enge Zusammenarbeit im transatlantischen Verteidigungsbündnis, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hingegen hatte zuletzt Kritik an der NATO geäußert.
Zudem stand ein Treffen mit dem deutschen Botschafter, Nikolaus Meyer-Landrut, und dem Verteidigungsattaché, Brigadegeneral Werner Albl, auf Kramp-Karrenbauers Terminplan. Überschattet wurde Kramp-Karrenbauers Dienstreise von dem mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Anschlag mit zehn Toten in Hanau. Die brutale Tat mache sie fassungslos, sagte die Ministerin in Paris. Fremdenfeindlichkeit sei ein Gift, das immer stärker in die Gesellschaft eindringe – ihre Gedanken seien bei den Opfern und ihren Familien.